Donnerstag, 3. Juli 2008

Grundordnung

Zu einer Zeit, in welcher meine Eltern nicht mehr ganz so rüstig und fidel waren, als zur goldenen Mitte des Lebens (Fachleute haben für diesen Lebensabschnitt das Wort 'betagt' geprägt), damit sie wissen, wovon ich rede: beide waren so um die Achtzig, da waren sie auf gelegentliche Hilfe im Haushalt angewiesen in Form einer Zugehfrau, wie man früher treffend diejenigen Damen genannt hat, die Putzarbeiten übernehmen, oft auch ein bisschen mehr, also Ordnung in die Wohnung bringen, Geschirr abwaschen, vielleicht auch mal die Wäsche bügeln.

Jedenfalls wiederholte sich jeden Mittwoch morgen ab 7 Uhr, die Dame kam immer um 10 Uhr, folgendes Ritual: Es wurde in der Wohung meiner Eltern aufgeräumt, geputzt und gewienert und zwar von meinen Eltern. Vater war dazu verdonnert worden, die Ecken, ideale Ablageorte für allerlei Dinge, auszuräumen und meine Mutter machte die Betten, wischte in der Küche 'vor', beseitigte den gröbsten Schmutz, räumte die Wäsche in die Wäschetrommel, die natürlich, nach dem die Zugehfrau fertig und gegangen war, wieder heraus geholt wurde, denn sie war ja noch nicht fertig vorsortiert.

Die Wohnung wurde gesäubert, wobei meine Mutter sich, trotz Osteoporose, versteifter Wirbelsäule und entgegen aller ärztlicherRatschläge, immer wieder bückte, und sie wurde aufgeräumt. Mein Vater brachte hierzu sämtliche, irgendwo herumliegenden, Werkzeuge, Bücher, Kästen und Kisten in das sogenannte 'kleine Zimmer', einen Raum, den die Zugehfrau niemals betreten durfte, schloss dann mit einem Schlüsselab und legte ihn in die Schublade der Kommode. Kam die Dame dann, war die Wohnung in einer gewissen Grundordnung. Ging sie, wurde aus dem 'kleinenZimmer' alles wieder heraus und an seinen vorherigen Ort geräumt.

Einmal hatten sich meine Eltern wegen eines Feiertags am Montag jedoch in den Wochentagen geirrt und waren beide noch im Schlafanzug und 'derangiert', als gegen 10 Uhr die Haushaltshilfe kam. Ich denke an diesem Tag hatte sie einmal richtig viel zu tun, gut bezahlt wurde sie ja von meinen Eltern ohnehin. Jedenfalls verloren beide Seiten kein Wort über die Wohnung im vorgefundenen Zustand. Und danach kam es auch zu keiner weiteren Verletzung der Grundordnung in der Wohnung einer Eltern. Niemals wieder. Denn seither schaute meine Mutter jeden Tag auf ihren Kalender und bereitete sich gut auf den kommenden Mittwoch vor.

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