Dienstag, 14. Dezember 2010

Der Nachhaltige Adventskalender

Das Jenaer Büro der Lokalen Agenda 21 hat auf seiner Homepage "Nachhaltige Entwicklung" einen "Nachhaltigen Adventskalender" eingestellt, der jeden Tag bis Weihnachten Rätsel und Quizfragen aufgibt oder auf dem es Geschichten und andere interessante Informationen rund um Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu entdecken gibt. Hier eine kleine Führung durch die die Straße der Besten Adventskalenderüberraschungen:

1. - Die Photovoltaikanlage

Der Nachbar von Bauer Heinz möchte eine Photovoltaikanlage installieren. Letzte Woche wusste er allerdings noch nicht, ob die Anlage auf dem Dach des Stalles oder auf der Wiese im Freiland aufgebaut werden soll. Heinz, der sich dafür interessiert, schaut mit seiner Tochter beim Nachbarn vorbei, aber die Arbeiten haben noch nicht begonnen. Der Nachbar erzählt:

"Ich musste mich zwischen Dünnschicht- oder monokristallinen Zellen entscheiden. Mein Schwager hat mir alles günstig besorgt, doch das unterlag einigen Einschränkungen: Dünnschichtzellen kann er nicht fürs Freiland anbieten. Wählt man Dünnschicht für eine Dachanlage, so kann er keine SMA Wechselrichter bekommen, sondern nur die von anderen Herstellern. Für die Module hat er außer zu Solarworld nur Kontakte zu Dünnschichtanbietern. Wählt man eine Dachanlage mit monokristallinen Zellen, so kann er ebenfalls keine SMA Wechselrichter anbieten. Nach langem Überlegen habe ich mich für folgende Lösung entschieden..."

Da wird der Nachbar in den Stall gerufen und Heinz muss sich verabschieden, bevor er erfahren kann, was der Nachbar bestellt hat. Beim Hinausgehen stolpert er jedoch über eine Kiste auf der in großen Buchstaben "SMA" steht. Bedauernd meint Heinz zu seiner Tochter: "Schade, dass wir jetzt nicht wissen, ob er die Module von Solarworld nimmt." Die Tochter widerspricht: "Aber es ist doch alles klar." - Also, hat der Nachbar Solarworld Module bestellt?

Die Antwort: Aufgrund der Kiste kann man annehmen, dass der Nachbar SMA Wechselrichter gewählt hat. Da der Schwager für Dachanlagen mit Dünnschicht- oder monokristallinenen Zellen kein SMA bekommen konnte, muss sich der Nachbar für eine Freilandanlage entschieden haben.


2. - Die Kühlschrankklimaanlage

Es ist heiß! Manch einer kommt auf die Idee, seinen Kühlschrank als Klimaanlage zu benutzen und lässt dessen Türe offenstehen. Wie ist diese Kühlschrankklimaanlage einzuschätzen? - Bitte wählen Sie eine Antwort aus:

a) Stromrechnung und Umwelt werden natürlich belastet, aber dafür wird es im Raum kühler.
b) Es passiert überhaupt nichts. Jeder Kühlschrank schaltet sich bei geöffneter Türe nach drei Minuten ab.
c) Stromrechnung und Umwelt werden belastet und im Raum wird es sogar noch wärmer.

Die Antwort: Ein Kühlschrank arbeitet nach dem Prinzip einer Wärmepumpe, die die Wärme von Innen nach Außen transportiert. Wenn die Türe offen steht, muss dieses System umso mehr arbeiten und umso mehr Wärme gibt der Kühlschrank auf seiner Rückseite wieder ab. Der Kühlschrank kann zur Heizung werden!


3. - Globalisierung beginnt am Frühstückstisch

Ein Blick auf unseren Frühstückstisch zeigt, dass heute die wenigsten Produkte direkt aus unserem Garten oder unserer näheren Umgebung stammen. Der Kaffee stammt zum Beispiel aus Brasilien, Tee aus Indien, Erdbeeren aus Spanien, Frischkäse und Brot aus Deutschland. Unter welchen Bedingungen sie produziert werden, welche natürlichen Ressourcen dafür verbraucht werden und welche Wirkungen auf Menschen, Wirtschaft und Umwelt unsere Essgewohnheiten haben, wissen nur wenige.

Kaffee zum Beispiel wird größtenteils in Brasilien hergestellt. Für eine Tasse Kaffee (200 ml) werden 7 Gramm Dünger und 7 Gramm Pestizide eingesetzt. Zudem gehen fast 300 Gramm Erde durch Erosion verloren. Weitere natürliche Ressourcen werden bei der Verarbeitung und beim Transport verbraucht. Und auch beim Transport vom Laden nach Hause und beim Kochen müssen 100 Gramm natürliche Ressourcen z.B. für elektrischen Strom oder Benzin eingesetzt werden, wie das Wuppertal Institut berechnet hat. Dazu kommt noch ein Wasserverbrauch von über 6.600 Gramm pro Tasse Kaffee.

Den Leitgedanken zu einer nachhaltigen Entwicklung der Erde hat 1987 die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung formuliert: „Entwicklung zukunftsfähig zu machen, heißt, dass die gegenwärtige Generation ihre Bedürfnisse befriedigt, ohne die Fähigkeit der zukünftigen Generation zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können.“

Letztendlich geht es bei der Nachhaltigkeit um die globale Verantwortung jedes Einzelnen. Schon 1978 hat der Philosoph Hans Jonas dies in seinem Buch „Das Prinzip Verantwortung“ eindrücklich dargelegt. Die Menschen in unserer technisierten Welt müssten lernen, ihre Ethik, ihr Denken vom lokalen Bereich zu lösen und auf die größeren nationalen und globalen Zusammenhänge zur richten.


4. - In der Kneipe

Die drei Freunde regenerativer Energien: Heinz, sein Nachbar Hubert und die Biobäuerin Anna sitzen der Kneipe. Da fragt sie der Wirt: "Na, wer hat denn letzten Monat den meisten Strom produziert?" Hubert spekuliert mit einem kurzen Blick auf Anna: "Ich glaube, dass war die Anna mit Ihrer Biogasanlage." Auch die anderen äußern ihre Vermutungen, doch diese gehen in der Geräuschkulisse der Kneipe verloren. Am Ende nennen alle ihre Zahlen und es stellt sich heraus, dass der einzige von ihnen, der die richtige Vermutung hatte, auch am meisten Strom produziert hat. - Wer war es

Die Antwort: Angenommen Anna würde am meisten produzieren, dann hätte Hubert Recht und Anna als Gewinnerin wäre nicht mehr die einzige mit einer richtigen Vermutung. Das geht nicht. Also hat Hubert Unrecht und sowohl Anna als auch Hubert können nicht diejenigen mit dem meisten Strom sein. Heinz hat daher am meisten produziert und das auch vermutet.


5. - Nachhaltige Geburtstage und Weihnachtsfeste

Der ökologische Wert eines Geschenkes hängt mit Erzeugung, Transport, Energieverbrauch und Entsorgung zusammen. Langlebige Güter aus natürlichen Materialien sowie ökologisch und sozial verträgliche Produkte sind vorzuziehen. Mensch sollte aber weniger schenken.

Weniger schenken? Richtig: Was nicht zuhause liegt, braucht später nicht als Müll entsorgt zu werden. Oft verbaut uns der vermeintliche Geschenkzwang den Blick auf das Wesentliche. Ein selbstgemachtes Geschenk bereitet oft viel größere Freude als ein gekauftes.

Was bei Spielzeug zu bedenken ist: Phantasieanregende Spiele als Gegenpol zu TV-Konsum–Spielzeugen, führen uns wieder näher an die Natur heran. Möglichst kein Spielzeug mit Batterieantrieb verwenden. Gib spannenden Gesellschaftsspielen den Vorzug!

Fair und mit Freunde schenken: Fördere Kleinbauern, Plantagenarbeiter, Bildungsarbeit, Schulbesuch, Biolandbau u. a. in den Dritte-Welt-Ländern durch den Kauf von fair gehandelten Produkten. Denke auch darüber nach, ob Du eine gmeinsames Geschenk verschenkst: ein Essen im einem Bio-Restaurant, eine Wanderung, ein Museumsbesuch, Zeit für die Anderen. Oder entscheide Dich als Geschenk für Anteile an einem Windkraftwerk, Ökostrombezug, Gutscheine für öffentliche Verkehrsmittel oder Carsharing.

Eine Alternative zum krampfhaften Geschenke suchen ist auch: Hinhören auf die Not der anderen! Mache jemandem, der es wirklich braucht, ein Geschenk – oder unterstütze eine caritative Organisation z. B. "Weihnachts-Anstatt-Aktion des Entwicklungshilfeclubs".

In diesem Sinne.

Mittwoch, 8. Dezember 2010

John Lennon ist tot! - Es lebe John Lennon!

In der Verwaltungsfachhochschule stand "Prüfungsvorbereitung" im Lehrplan, eine Klausur in Haushalts- und Finanzwesenwesen sollte noch vor Weihnachten geschrieben werden. Doch das war am Morgen des 9. Dezember 1980 vergessen und es gab in den Seminarräumen nur ein Thema: "John Lennon ist tot! - Erschossen in New York von einem irren Fan."

Der in Liverpool geborene Lennon hat zusammen mit den anderen Beatles die westliche Musikkultur nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt wie neben ihm nur Elvis Presley oder Bob Dylan. Und so standen wir, wie Millionen von Menschen weltweit, unter Schock, als er vor 30 Jahren brutal aus dem Leben gerissen wurde. Seine kurz zuvor erschienene Single "(Just like) Starting Over" aus dem Album "Double Fantasy", das kurz vor seinem Tod von den Kritikern arg geschmäht worden war, schoss kurz danach in vielen Ländern an die Spitze der Charts.

Doch so groß die Trauer um den Menschen und die Figur John Lennon damals war, so wenig schien sich für uns sein Tod auf die Entwicklung der Popmusik auszuwirken. Denn Lennons beste Jahre lagen 1980 schon lange zurück. Die musikalische Entwicklung war schon längst beim Punk und in der Elektromusik angekommen. Der damals "jungen Generation" hatte ein alter Sack wie Lennon nichts Wesentliches mehr zu sagen. Sein Einfluss - so dachte auch ich - habe sich auf die große Zeit der 60er Jahre beschränkt und war in den 70ern nur noch kurz einmal aufgeflammt. Gut: mit den Beatles hatte er schon die Musikwelt revolutioniert und die Blaupause für die Musik der kommenden 70er geschaffen. Aber das war es dann auch gewesen. - Hatte ich damals recht?

Drei Jahrzehnte (und viele persönliche Erfahrungen später) muss ich / muss man anerkennen:

1.) John und seine (Silver-)Beatles haben dafür gesorgt, dass die Rock- und Popmusik erwachsen wurde. So wie die einst jugendlichen Fans älter wurden, so wurde auch "ihre" Musik reifer. Drehten sich die Songtexte im Rock'n'Roll und bei den frühen Beatles fast ausschließlich um die Liebe und die mir ihr verbundenen Probleme, so hat John Lennon mit dazu beigetragen, dass anspruchsvollere Themen besungen wurden. Und Lennon hatte auch seinen Anteil daran, dass die populäre Musik politischer wurde.

2.) Lennon veränderte die musikalischen Ebenen des Zuhörers. Ganz pragmatisch von "Love ME do" und "I want to hold YOUR Hand" zu "SHE Loves you", "YOU'VE got to Hide YOUR love away" und "All YOU need is Love". Das verschob die Botschaft als Aufgabe/Empfindung direkt an die Fans, die sich plötzlich nicht nur wiedererkannten sondern sogar angesprochen fühlten, etwas zu tun. Vielleicht ist selbst das "Yes WE can" von Obama auf Lennons Schaffen zurückzuführen.

3.) Wenn man Bob Dylan das Verdienst zugeschreiben möchte, die populäre Musik für ernsthafte, politische Themen geöffnet zu haben, so war es wohl vor allem John Lennon, der den Menschen mit all seinen Empfindungen, Ängsten, Zweifeln und Hoffnungen in die Musik einbrachte. In seinen Solowerken ging Lennon so weit, schonungs- und bedingungslos seine privaten Abgründe und Träume offen zu legen: "Cold Turkey", "Mother", "I am the Walruss" oder "Imagine" zeigen dies und zeigen vor allem einen offen leidenen Künstler auf der Psychiater-Couch, der die ganze Welt daran teilhaben lässt.

Diese drei Punkte waren Lennons Verdienst um die Musikwelt, prägten für Jahrzehnte die Musikszene: Bands wie U2, Coldplay oder Oasis verzichteten auf Macho-Gesten a la Led Zeppelin oder The Who und stellten stattdessen ihr Leiden an der Welt offen zur Schau, machten das Private politisch

Wegweisend und bis heute "trendy" war aber auch die Art, wie John Lennon nach seiner schicksalshaften Begegnung mit Yoko Ono sein Privatleben öffentlich zur Schau stellte. Nach seiner Hochzeit mit ihr empfing das Paar 1969 die Weltpresse im Doppelbett. John und Yoko gab es bald nur noch im Doppelpack wie Christo und Jeanne-Claude. Zwei Menschen wurden zum Promi-Paar und verknüpften ihr allerprivatestes Glück mit politischen Missionen: "Woman is the Nigger of the World", "War is over, if you want it". Ebenso modern (weil zuvor noch nie so hautnah miterlebbar) war es dann, wie Lennon 1973 bis 1975 die Trennung von Yoko Ono vor den gierig-interessierten Augen der Weltöffentlichkeit zelebrierte. Gemeinsam mit seinem Freund Haerry Nilsson unternahm Lennon in seinem "Lost Weekend", wie er diese wilde Zeit taufte, Sauftouren durch das nächtliche Los Angeles und überlies es den Klatschblättern, sämtliche Ausraster zu dokumentieren. Hier wurde des Ex-Beatles' Verhalten zu einer Blaupause für peinliche Prominente der Neuzeit von Paris Hilton bis Mel Gibson.

Fünf Jahre vor seinem Tod gab Lennon schließlich das Posing auf, kehrte von seiner neuen Flamme und Privatsekräterin May Pang reumütig in Yoko Onos Ehebett zurück und präsentierte sich von Stund an als fragiler, verletzlicher Mann. Wie modern er da wieder war, zeigte sich erst aus heutiger Sicht: John Lennon hängte 1975 seine Musikkarriere an den Nagel, um sich ganz seinem Sohn Sean zu widmen, überlies die "Geschäfte" Ehefrau Yoko Ono und war damit wieder gesellschaftliche Avantgarde. Auch das Comeback-Album "Double Fantasy", kurz vor seiner Ermordung erschienen, war, ohne dass es hierbei eines Drucks von Yoko bedurft hatte, eine paritätische Arbeit: jeder der beiden Ehepartner steuerte die Hälfte der Songs bei.

John Lennon ist ohne Zweifel seit drei Jahrzehnten physisch tot, lebt aber in unserer heutigen Musik und Gesellschaft weiter.

Montag, 29. November 2010

Was das Schneechaos und Frauen gemeinsam haben

Ich saß wieder einmal beim Essen - diesmal war's, glaube ich, der Chinese in der Grietgasse oder der Grieche in der Chinesengasse, ich hab' keine Ahnung mehr - auf jeden Fall musste ich zwangsläufig wieder ein Gespräch am Nebentisch mitanhören. Zwangsläufig, das sage ich immer, wenn es so dezent geführt wird, dann man zwei Stockwerke höher noch sagen könnte: "Genau. Das hab ich auch schon erlebt. Wem sagen sie das."

Jedenfalls: die beiden Damen waren so in ihr Gespräch vertieft, wenn man das, wenn eine redet und die andere zuhört, überhaupt ein Gespräch nennen kann, dass sie nicht bemerkten, wie ich wieder einen Zettel aus den Tasche holte und eifrig mitschrieb. Diesmal ging es nicht um Autos...ich sehe, sie kennen die Pointe: "Wie konntest du nur den Opel verkaufen...ohne mir Bescheid zu sagen...und dann auch noch in Apolda." - Genau, das haben sie auch schon mal erlebt, wem sagen ich das. Aber hier und dieses Mal ging es um etwas ganz anderes.

"Ihre Tochter will umziehen, sagt Heidrun. Die haben einen Korridor mit zwei Zimmern, Küche, Bad. Die Heidrun, die wohnt doch in Chemnitz. Jedenfalls will ihre Tochter jetzt umziehen und da braucht sie die Kaution. Also, ich hab die Heidrum noch nie im Leben gesehen, zwei Mal haben wir bisher telefoniert. Einmal als Onkel Hans gestorben war und dann, als es um das Grundstück im Crimmitschau ging, dass mein Cousin verkaufen wollte und zuerst uns angeboten hatte, aber Heindrun rief an und sagte, dass Opa festgelegt habe, dass sie das zuerst angeboten bekommen. Und jetzt rief die mich wieder an und ich dachte zuerst, dass vielleicht der Peter, unser Cousin, gestorben ist, aber nein: ihre Tochter will umziehen und braucht die Kaution, sagt sie.

Und weil es Heidrun und ihrer Tochter derzeit finaziell nicht so gut geht und wir ja damals das Grundstück in Crimmitschau gekauft hatten - ich kann dir sagen: Wir haben nur Ärger damit, dauernd ist dies zu bezahlen und das. Müllgebühr, Grundsteuer und was weiß cih alles oder es spriest wieder das Gras aus dem Gehwegpflaster durch und Bernd muss hinfahren und das Gras rausreissen, weil die Nachbarn beim Ordnungsamt angerufen haben und die Stadtverwaltung uns wegen der Vernachlässigung der Reinigungspflicht einen Brief geschrieben haben...nur Ärger mit dem Grundstück - ja, und weil wir doch jetzt das Grundstück hätten und das so immens im Wert gestiegen ist... also, woher will die das denn wissen. Gar nichts ist im Wert gestiegen, lieben Heute als Morgen würd' ich das Gelumpe verkaufen, selbst wenn ich drauflegen müsste, einfach nur weg damit, sag ich dir.

Sie kann doch nichts dafür, sagt Heidrun, dass die Tochter ein krankes Kind hat. Ja, sag ich, aber wir können doch auch nichts dafür, das sie ein krankes Kind hat. Und dann fing Heidrun an zu heulen und ich sag dir, da kannste nicht einfach auflegen. Das gebietet der Anstand. Also sage ich: Aber vielleicht hat sie ja auch einen Mann zum Kind. Und da sagt doch Heidrun: "Sandra, komm' mal her, die Tante Barbara ist am Telefon und die darfst dir jetzt was ganz Großes wünschen." - Also, da hab' ich gedacht, mein Schwein pfeift.

So etwas dreistes wie Heidrun ist mir ja schon lange nicht vorgekommen. Und dann hatte ich die Sandra am Telefon. "Also ich wünsch mir von dir die Kaution. 780 Euro." Das sagt die ganz frech ins Telefon zu mir. 780 Euro. Wo ich die überhaupt nicht kenne. Ich weiß nur, dass die Heidrun inzwischen geschieden ist und, wie mir Peter letztes Jahr verraten hat, mit einen neuen Mann zusammen ist. 61 soll der sein. Aber Heidrun hätte für ihn immer ein paar blaue Pillen in Petto. Sie will ja auch mal ihren Spaß haben, hat sie Peter erzählt. Aber schlecht soll sie aussehen, die Augen in tiefen Höhlen, abgemagert, sagt er, die Ärme werden immer dünner. Er vermutet ja Krebs dahinter. Genaues weiß er nicht. Und ich wollte ja auch nicht nachfragen.

780 Euro will die Tochter haben, von uns. Wegen dem Grundstück im Crimmitschau, mit dem wir nur Ärger haben. Kriegen kaum mit den Mieten die Unkosten rein. Na, ja, hab ich gesagt, gutes Kind. 780 Euro ist eine Menge Geld. Aber weil wir dir zu deinem Kind noch nichts dazugegeben haben...wie heißt es denn? Gerome Ive, sagt sie. Also, sage ich, wegen Jerome Ive würden wird dir 350 Euro überweisen, für die Kaution. "Du bist ein Schatz, Tante Barbara", hat sie dann gesagt und Heindrun hat im Hintegrund zum Weinen angefangen. Wahrscheinlich dachte die, dass wir die ganzen 780 geben würden, denn als die Tochter dann sagte, "Tante Barbara gibt uns 350 Euro, da hat Heidrun sofort wieder zu Weinen aufgehört.

Jetzt lach' nicht. Es war genauso, wie ich's hier erzähle. Du siehst ja, wie's läuft. Manche wollen kein Wasser, die wollen gleich gepült werden. Aber nicht mir mir. Nicht mit mit. 780 Euro - was denkst sich das Volk überhaupt? Wir kennen uns doch kaum und die melden sich nur, wenn sie einen brauchen. Aber, hier, erzähle nichts meinem Mann, der regt sich sonst wieder nur auf, wegen dem Grundstück in Crimmitschau und überhaupt."

Und draußen schneite es, schon die sechste Woche am Stück seit November, und der Schnee nahm kein Ende, wie das Gespräch der beiden Damen. Und plötzlich fiel mir auf, was das Schneechaos und Frauen gemeinsam haben: Beides ist für uns Männer unergründlich.

Dienstag, 2. November 2010

Fliegende Bleche II

Ein Mann beschwerte sich in Uniontown im US-Staat Pennsylvania beim lokalen Police Departement über die schlechte Qualität seines Marihuanas, das er kurz zuvor erworbenen hatte. Den verblüfft zuhörenden Polizisten erkläre der Mann, er habe die Substanz geraucht und sie habe widerlich geschmeckt. Eine Untersuchung ergab dann auch dass es sich bei der Substanz nicht um Marihuana handelte, so der Sherrif. Was der Mann tatsächlich gekauft hatte, wollte die Polizei nicht sagen. Trotzdem habe man den 21-Jährigen angeklagt und zwar wegen Besitzes einer gefälschten illegalen Substanz. Das meldete der "Pittsburgh Tribune-Review".

Ihren Dienst besonders ernst nahmen Drogenfahnder aus Niedersachen und Bremen, die bei Kontrollen im Hamburger Straßenverkehr Abzeichen mit Hanfblättern auf ihren Polizeiuniformen trugen. Die Beamten hätten ihre Dienstkleidung ohne Genehmigung eigenhändig mit dem Marihuana-Gewächs verziert, teilte das Innenministerium in Hannover mit. Dafür gab es einen Rüffel, denn, so ein Sprecher des Innenministeriums: "Beamte dürfen ihre Uniformen nicht eigenständig umdesignen". Das Tragen von Abzeichen auf Ärmeln und Schulterklappen der Uniform, auf denen neben dem Niedersachsenross auch Hanfblätter prangen, laufe der Dienstverordnung zuwider und "gehe so nicht".

In Porto Alegre hat ein fülliger McDonald's-Mitarbeiter von einem Gericht umgerechnet rund 12.500 Euro Schadenersatz zugesprochen bekommen, weil er während seiner zwölf Arbeitsjahre in einem Fast-Food-Restaurant über 30 Kilogramm zugenommen hatte. Der Mann erklärte dem Richter, er habe sich verpflichtet gefühlt, täglich von den von ihm hergestellten Hamburgern zu essen, um deren Qualität zu überprüfen. Es sei bekannt gewesen, dass verdeckt arbeitende Prüfer die Restaurants besuchten und Berichte über Essen, Service und Sauberkeit anfertigten. In Deutschland wäre so etwas wohl kaum möglich gewesen; bei uns wurde ja bekanntlich eine Altenpflegerin, die 17 Jahre lang in einem Seniorenheim beschäftigt gewesen war, wegen des Verspeisens von sechs Maultaschen fristlos entlassen, die im den Müll hätten wandern sollen.

Was sagt uns das? Erstens: Wenn sie schon Drogen kaufen und dann mit der Qualität nicht einverstanden sind, schauen sie zuerst auf die Uniform der Beamten. Zweitens: Wenn sie während ihrer langjährigen Arbeit zunehmen, achten sie darauf, dass sie, für den Fall, dass sie ihren Arbeitgeber verklagen wollen, einen brasilianischen Richter haben. Deutsche Richter sehen die Dinge manchmal etwas zu abstrakt. Die Kündigung wurde zwar in zweiter Instanz aufgehoben; das Arbeitsgericht in Radolfzell hatte die Kündigung aber zunächst für rechtens erklärt.

Freitag, 3. September 2010

Es ist doch so...

...meine Damen und Herren, dass Bescheidenheit eine Zier ist. Sagt man doch so, oder. "Bescheidenheit ist eine Zier, doch"...genau..."weiter kommt man ohne ihr".

In diesem Sinne möchte ich mich Ihnen einmal vorstellen. Mein Name ist Rainer Sauer, genauer gesagt: Rainer W. Sauer. "W" steht dabei für "Wahnsinnstyp"... ?!...doch, doch, fragen sie da ruhig mal meine Frau. "Wahnsinnstyp" trifft das ganze doch schon recht gut.

Ich schreibe Geschichten. Nebenbei. Im Hauptberuf bin ich, also mein Titel ist: Diplom-Verwaltungswirt. Manchmal auch ohne den Wortteil "waltungs". Aber das bescheibt nicht im mindesten, was ich so alles mache. Meine größten Erfolge hatte ich in den 80er-Jahren, als ich im Vatikan aus der Bibel laß, Geschichten, die ich selbst geschrieben habe. Doch, doch.

Meine zahlreichen Anhänger können Ihnen das bestätigen. Manche davon sind schon älter, andere sind Jünger. Jetzt wissen sie auch, was meine Frau Maria wirklich damit meint, wenn sie (zum Beispiel als ich ihr sagte, dass ich eben diese Geschichten über mich heute Abend wieder vor Publikum erzähle)...wenn diese zu mir sagt: "Oh mein Gott". Frauen meinen nämlich manchmal das, was sie sagen genau so wie sie es sagen - doch, doch.

Überhaupt ist das mit den Frauen und den Männern so eine Sache. Der Wort Herr stammt ja bekanntlich von "herrlich" ab und "Dame" von dämlich. Doch, doch. Ursprünglich gab es ja in meinem Leben nur mich. Dann kam meine Frau dazu und seither geht es eher um weltliche Dinge als um geistliche. Konkret gesagt geht es bei uns oft ums Geld und dann sage ich meiner Frau, ich kann mir das doch nicht auch noch aus den Rippen quetschen.

Jedenfalls treibe ich gelegentlich auch mal einen Schabernack mit der Welt. Zum Beispiel war ich, ich glaube, es war 2005, auf der Buchmesse in Leipzig und habe am Stand des Bibelwerks ein selbstgemaltes Schild aufgestellt als gerade keiner hinsah, auf dem stand: "Hier signiert Gott...ab 14 Uhr". - Ich sage Ihnen: Das war eine Aufregung dort.

Gott kam natürlich nicht zum Signieren - man kann ja nicht ständig omnipräsent sein. Also ein umfassendes Geschenk an die Welt, an Deutschland, an Thüringen. Aber ich wollte mich wenigstens Ihnen mal vorstellen. das ist das Mindeste, was Sie von mir erwarten können. Der Rest folgt gleich.

In diesem Sinne...

Mittwoch, 7. Juli 2010

Nationalhymne

Das Leben schreibt die besten Geschichten.
Hier ist eine aus dem Saarland...


Professor Robert Leonardy aus Saarbrücken hält sich bei der Fußball-WM 2010 oft die Ohren zu. "Die deutsche Hymne wird in Südafrika falsch gespielt", sagt er. "Bei dem Part 'Einigkeit und Recht und Freiheit' wird statt eines Dominant-Sept-Dur-Akkords mit einer Terz im Bass ein Moll-Akkord gespielt." Und der Musikexperte fordert: "Das muss korrigiert werden. Wir werden nur Weltmeister, wenn unsere Hymne richtig gespielt wird."

Dienstag, 1. Juni 2010

Was haben wir da bloß angerichtet?

TV-Casting-Shows sind das mit Abstand erfolgreichste Format der frühen 2000er-Jahre, sie folgen immer dem gleichen Muster und das mittlerweile weltweit. Inzwischen werden aber nicht nur Sängerinnen und Sänger sondern Supermodels, Tänzer, Comedians, Musicalstars oder einfach Talente gecastet. Längst ist das Prinzip, schlecht beratene, beschränkt talentierte, von der Natur äußerlich vernachlässigte aber dafür mit Straßenjargon-Schnauzen ausgestattete Exemplare der Gattung 'Mensch' für irgend etwas, egal was, auszuwählen, auch in Indonesien, Kenia oder der Antarktis angekommen, während bei uns oder in anderen grossen TV-Nationen jedes Jahr bereits mehrere Casting-Shows gleichzeitig laufen müssen um den Bedarf der Zuschauer an Talent-Perversitäten zu befriedigen. Der Phantasie sind dabei keine Grenzen mehr gesetzt - Shows wie "Germanys next Adolf Hitler" oder "Fickerchen" sind mit großer Wahrscheinlichkeit bereits in Planung. Und wenn sogar das dann nicht mehr so gut läuft, sucht man eben Ersatz für alternde Politiker, Sportler oder Moderatoren.

Dabei macht den Erfolg der Sendungen das darwinistische Konzept aus: der oder die Stärkste gewinnt. Und wir, das Publikum, dürfen ganz ungeniert Gott spielen, entscheiden über Gewinner und Verlierer, späteren Größenwahn oder eine Einweisung in die Nervenklinik nach erfolgtem Rausschmiss, Tod oder Überleben. Angetrieben von sprücheklopfenden Juroren feiern wir unsere Siege, ergötzen uns an dramatischen Zusammenbrüchen der Ausgeschiedenen, trinken deren Tränen. Wir sind das römische Pleps, die Zuschauer der Gladiatorenarena, zeigen mit dem Daumen hoch oder runter. Manchmal ist es auch unser Finger auf der Tastatur des Telefons oder Handys.

Dass wir uns dabei keine Gedanken machen müssen, über die Moral unseres Handeln, liegt daran, dass ja jeder Kandidat prinzipiell weiss, auf welch sadomasochistisches Spiel er resp. sie sich da einlässt. Und wenn sich, wie bereits geschehen, jemand vor Lampenfieber in die Hose macht, dann hält die Kamera voll drauf und keiner aus der Jury schützt den Kandidaten sondern es gibt immer Jurymitglieder, die zwar privat ihre eigenen Frauen schlagen, aber sich aus Ausgleich dazu in der Sendung über den verzweifelten Menschen vor dem Jurytisch lustig machen. Gut, nachher gibt es für die Demütigung eine Geldstrafe wegen eines Verstosses gegen das Jugendschutzgesetz, aber die zahlt ein Dieter Bohlen, der in jeder Show fernsehgerecht die Hemden seines Werbepartners wirksam vor der Kamara präsentiert, mit links.

Bohlen hat nämlich neben seinen eigenen Gagen für die Teilnahme an seinen Casting-Sendungen und den Werbeeinnahmen von Textil- und anderen Firmen, auch noch einen großen finanziellen Anteil an der Vermarktung der späteren Gewinner. Über seine Firmen liefert er nicht nur die erfolgreichen Songs für die jeweigen Shows, nein, er managt auch einzelne Karrieren der Gewinner vom Musikstil übers Video bis hin zur Garderobe. Ein Mensch wie er ist für solche Castings-Shows unverzichtbar, verfügt er doch über alle nötigen Kontakte in der Musik- und der TV-Branche und garantiert dem TV-Sender so, dank der Zusammenarbeit mit grossen Labels, für einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer längerfristige Erfolge mit Songverkäufen. Dieser Deal geht immer auf und ist ein Kompensationsgeschäft: der TV-Sender generiert die Popularität und bekommt dafür später Geld zurück aus den Plattenverkäufen.

"Ich finde Dich ja gar nicht so schlecht", pflegt einer wie Bohlen stets zu sagen um dann einen coolen Spruch aus der Feder eines Ghostwriters anzufügen, der den gerade zur Hinrichtung anstehenden Delinquenten gar nicht kennen konnte und deshalb so wieder persönlich aus dem Schneider ist. "Ich finde Dich ja gar nicht so schlecht...", sagt Bohlen "...als Figur in der Geisterbahn oder Brechmittel, wenn ich mal kotzen muss" und ist damit der Prototyp für andere. Heinde KLum quält ihre Kandidatinnen beim Model-Contest mit ... langen ... Pausen ... ... zwischen ... ihren Worten, bevor sie ... sagt ... "Ob ... Du ... weiterkommst ... erfährst Du ... ... ... gleich nach der Webung."

Und weil noch niemand etwas gegen solche Art der Volksverdummung unternimmt, wird uns dieser Casting-Spuk im Fernsehen mit Sicherheit auch noch eine ganze Weile erhalten bleiben. Trotz leicht rückläufiger Quoten mangelt es hierzulande weiterhin nicht an nützlichen Idioten, die berühmt werden wollen. Der Andrang, sich vor laufender Kamera für immer zum Affen zu machen, weil man doch sein "Bestes" gibt und jeder sehen kann, wie limitiert dieses "Beste" ist, hält unvermindert an. Wahrscheinlich sogar, wenn es darum geht, "Germanys next Adolf Hitler" zu werden.

Mittwoch, 12. Mai 2010

Der mittlere Osten

„Geschichte ist die Lüge, auf die sich alle geeinigt haben.“
Napoleon Bonaparte

Ich heiße Thorsten, mit "Th", und komme aus dem Westen. Seit ich kurz nach der Wende mit etlichen andern Gleichgesinnten in die Neufünfländer gekommen bin, bemühe ich mich, so zu werden, wie die Ostdeutschen Ureinwohner dort. Im grunde fanden die das weder rührend, noch befremdlich, sondern selbstverständlich, wollte ich doch viel von ihnen lernen. Das hatte ich mir, getreu dem Motto der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft in der DDR, "Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen", vorgenommen. Und meine neuen Mitbürger halfen ihrem neuen Mitbürger, sich zu assimilieren, zumindest aber nicht sofort überall unangenehm aufzufallen.

Also wohne ist seit 1991 im mittleren Osten, wähle treu die linke Staatspartei, versuche mich konsequent von der Macht des kapitalistischen Marktes zu emanzipieren und zog mich anfangs sogar so an, wie ich dachte, dass sich der geborene Ostdeutsche anzieht. Ich kaufte in Antiquariaten Bücher über DDR-Fernsehserien, recherchierte alles über russische Panzern, kollektive Töpfchensitzungen, IMs und Braunkohleabbau, konnte schnell bei Pittiplatsch, Schnatterinchen, Herrn Fuchs und Frau Elster mitreden und war allzeit bereit, mich zum Einbürgerungstest schwierigsten Prüfungsfragen zu stellen: "Wieviel PS hat ein Wartburg 353"?, "An welcher Schule wurde der Film 'Alfons Zitterbacke' gedreht?" oder "Wie hieß Margot Honecker mit Mädchenname?"

Ich sammelte Dinge, die aus der volkseigenen Konsumgüterproduktion noch zu haben waren; zuerst alles, später dann aus Platzgründen nur noch flache Dinge. Ich versuchte, möglichst viel über das Leben in der Zone in Erfahrung zu bringen und veränderte meine Sprache dahingehend, dass ich "Briefmorke" statt "Briefmarke" sagte, oder "No" statt "Ja" und ging sogar soweit, in manchen Regionen Thüringens, in denen der eine so aussieht, wie der andere heißt, also entweder Vorkäufer oder Agathe, an möglichst viele Verben ein "e" anzuhängene.

Auch ging ich mit den Jahren dazu über, auf Fangfragen wie "Na, wie geht es ihnen?" nicht mit Floskeln wie "Ich kann nicht klagen" oder "Super" zu antworten und über "Mein Haus, mein Auto, meine Frau, meine Kinder" zu berichten, sondern fing an zu stöhnen und ausführlich mein Leid zu erwähnen, selbst dann, wenn es mir persönlich gar nicht besser hätte gehen können. Man kann sich vorstellen, wie schwierig das Ganze für mich war, wenn man in einem Land aufgewachsen ist, in dem es sofort käufliche Autos, Nesquick Bananengeschmack und die "BILD"-Zeitung gab.

Eines Tages kam in einer Unterhaltung mit einem ostdeutschen Mitmenschen über das Führen des Hausbuches, neben peinlichem Unwissen meinerseits für drei Sekunden ein klein wenig hessischer Dialekt zum Vorschein. Mein Gegenüber sah ich entgeistert an und sagte dann: "Ich hätt es wissen müssen". Was er hätte wissen müssen, wollte ich wissen. "Du bist ein Thorsten mit 'Th'. Unsere Torsten werden alle ohne 'h' geschriebene". - Das saß!!! Zumal ich im Westen schon voll als Ossi akzeptiert bin, sobald das Gespräch darauf kommt, wo ich wohne.

"Ach, von drüben kommen sie? Merkt man gar nicht." Die meinen das vermutlich sogar als Kompliment. Bei einem Barbeque in Meerbusch wollte man doch allen Ernstes von mir wissen, ob man "früher ind er DDR" auch gegrillt hätte? Ob man dort "auch" Holzkohle gehabt hätte? Mir war nicht sofort klar, ob es sich angesichts der Thüringer Bratwurst nur um eine Dummheit oder um reine Frechheit handelte.

Als jemand, der weiß, wie wichtig es in der DDR war, sich anzupassen, antwortete ich natürlich wahrheitsgemäß: "Nachdem man den Grill mit Holzkohle bestückt und diese angefeuert hatte, wurden anschließend Fleisch oder Würste auf den Rost gelegt", sagte ich. Es folgte verblüfftes Schweigen, das erst beendet wurde, als ein anderer Gast jahrzehnte alte Gruselgeschichten von Transitreisen nach West-Berlin berichtete.

Vorsichtshalber habe ich nun meinen Vornamen um ein "h" gekürzt und versuche niemals zu vergessen, dass ein Wartburg 353 fünfzig PS hat, 'Alfons Zitterbacke' an der Nordschule in Jena gedreht wurde und Margot Honecker mit Mädchenname "Feist" hieß. Ich hoffe, dass mir irgend jemand irgendwann einmal ein Bienchen dafür gibt.

Sonntag, 7. März 2010

Strelitz und der Rolladen

Strelitz war zu Besuch in Fechenheim. Nichts weltbewegendes an sich, aber er war fast 18 Monate nicht mehr in Fechenheim gewesen. Mehr als 10 Jahre hatte er dort gelebt und unter anderem herausgefunden dass "Let it be" nicht nur "Lass es sein" sondern eher "Lass es geschehen" heißen kann. Was das letztendlich für ihn bedeutetn würde, das lernte er aber erst nach dieser einen Nacht bei Conny und Bob kennen.

Conny und Bob waren gute Bekannte von ihm. Beide hatten sich auf Jamaica kennen- und lieben gelernt und lebten nun in Fechenheim. Eine 3-Raumwohnung nannten sie ihr eigen und dort war Strelitz zu Besuch. Eigentlich wollten sie sich gemeinsam die Nacht der Oscar-Verleihung ansehen, aber Strelitz war zu müde um durchzuhalten, also legte er sich gegen 0 Uhr ins Bett und verbrachte die Zeit bis zur Hollywood-Zeremonie mit dösen.

Als er gegen 3 Uhr wach wurde, hatte die Show um den kleinen goldenen Nicht-Trommler bereits begonnen und Conny und Bob lagen schon im Wohlfühlbett. Das schmälerte Strelitzens TV-Abenteuer aber nicht im geringsten. Nachdem es im Wohlfühlbett ruhiger geworden war, ließen echte schauspielerische Leistungen auch im Fernsehen nicht lange auf sich warten. Die Herren der Ringe wurden nach und nach mit kleinen Metalhobbits verwöhnt, eine wunderschöne Denkerstirn (im Kino von einem ehemaligen Gladiator verkörpert), holte trotzdem noch auf und Strelitz spürte, dass dies so eine Nacht war, in der alles geschehen konnte.

Und tatsächlich: Kaum einer der als Favorit gehandelten Schauspieler bekam seinen langerwarteten Preis, dafür sprach die anglo-amerikanische Ausgabe des Völkischen Beobachters später von einer "schwarzen Nacht für Hollywood", dennn Whoopi Goldberg moderierte, Denzel Washington wurde bester Hauptdarsteller, Sidney Poitier bekam den Ehren-Oscar und Halle Berry
, die in ihrem aktuellen Film ganz so an die Scheibe trommelte wie einst der Hausherr bei den Flintstones (nur dass sie anstatt "Wilma" hysterisch "My Baby" schrie), Halle Berry also wurde unter den entsetzten Augen von Nicole Kidman zur besten Schauspielerin gekürt.

Die erste Farbige in vierundsiebzig Jahren Hollywood-Awards. Und weil Gwynneth Paltrow bei ihrer Krönung einst vor dem Saal-Mikrophon einem solchen Weinkrampf verfiel, dass sie allein hierfür schon einen Oscar verdient gehabt hätte, wollte Mrs. Berry nun beweisen, dass die Schwarzen Frauen den weißen durchaus das Taschentuch reichen oder besser gesagt vollheuen können. Um es kurz zu machen: Hally schlug Gwynneth um Längen und James Cameron war so bewegt, dass ihn Mrs. Berrys Wasserfall spontan zum Remake des eigenen Katastrophenfilm inspirierte; aber das ist eine andere Geschichte.


Um kurz nach sehs Uhr an diesem Morgen ging Strelitz ob solcher Fernsehereignisse befriedigt, wie selten nach einer langen Hollywood-Nacht, in die Küche von Conny und Bobs Wohnung und öffnete den Rolladen. Das heißt: Er versuchte ihn zu öffnen. Auf halber Strecke jedoch entschloss sich der Rolladen anders, löste seinen Sicherheitsgurt und fiel, einer Guilloutine gleich nach unten. So muss es sich angehört haben, dachte Strelitz, als die Franzosen 1789 ihren heißgeliebten König einen tiefen Einblick in die Bastkörbe der neuen Republik verschafften. Und was hatte es den Franzmännern gebracht? Schon wenige Jahre später hatten sie einen kleinen, dicken Korsen als neuen König und Weltbeherrscher. Aber den Versuch war es alle Mal wert, denken sich heute noch die Franzosen. In Fechenheim und 209 Jahre später war es dann nicht ganz so schlimm gekommen, denn Strelitzens Fallbeil hatte nur die frisch geknospeten Blumen auf Connys Fensterbank erwischt und die ließen nun ihre Köpfe hängen.

Was, so fragte sich Strelitz, war jetzt zu tun? Conny und Bob lagen immer noch fest in Morpheus Armen. Sollte er sie indiskret wecken und vom Fall des Rolladens erzählen? Das schien ihm keine gute Idee, denn sicherlich würden sie ihn fragen, warum er sie '89 in der Nacht des Mauerfalls nicht geweckt hatte, dies aber jetzt wegen eines defekten Rolladens tat.

Sollte er es vielleicht verschweigen? Auch das schien ihm keine gute Lösung. Natürlich, der Gurt ist schnell wieder in den Rolladenkasten gezwängt, der Rolladen provisorisch fixiert bis zum nächten Zug am Gurt. Und Strelitz könnte dann das Unschuldslamm spielen, so als hätte er mit der Sache absolut nichts zu tun. Aber entsprach so etwa tatsächlich seinem Stil? - Nein.


Die Beatles kamen ihm in den Kopf. "Lass es sein" oder "Lass es geschehen", das war hier die Frage. Und Strelitz lies es sein. Das Schwindeln. Er erzählte Conny und Bob nach deren Erwachen heroisch, dass es allein seine Schuld war, die reine Schuld und nichts als die Schuld von ihm. Und dann kaufte er einen neuen Rolladengurt, schraubte die komplizierte Abdeckung des Rolladens ab und schob den Rolladen nach oben, befestigte den neuen Gurt, schraubte alles wieder zusammen, montierte das Ende des neuen Gurtes an der unteren Rolle und alles war wieder gut und alle waren zufrieden. ... Soweit jedenfalls sein Plan. Die Sache hatte nur einen einzigen Haken: Die Rolladen-Fachgeschäfte hatten bis mindestens um neun Uhr morgens noch geschlossen. Und um diese Zeit wollte er gereits wieder auf der Rückfahrt nach Hause sein
.

Also schrieb er einen Zettel und legte den in die Küche. Auf dem stand: "Danke für alles. Ich musste weg und ihr habt noch geschlafen. Aber Ihr solltet gelegentlich einmal den Rolladen nachschauen; als ich ihn öffnen wollte hat er so komisch gequietscht." Es ist nicht leicht ein Held zu sein, dachte Strelitz, packte leise seine sieben Sachen und fuhr dem neuen Tag entgegen. In einem offenen Ford Mustang Baujahr '64. Im linken Arm die nicht verliehenen Oscars und im rechten Halle Berry.

Film, dachte Strelitz, kann so schon sein - Film eben! Das Leben dagegen ist manchmal echt grausam und er musste an die Blumen auf Connys Fensterbank denken und dann kamen ihm die Tränen. Mit feuchten Augen sah er Halle Berry an und die wischte ihm seine Tränen aus dem Gesicht und beide fuhren so lange in den Sonnenaufgang bis sie darin verschwanden. Kurz darauf waren dann auch die auf der Rückbank des Mustangs aneinander klappenden Oscars nicht mehr zu hören.

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Hinweis: OSCAR® & OSCARS® are the registered trademarks and service marks of the Academy of Motion Picture Arts and Sciences.
(aus: "nachdenkenkommtvorlesen" © 2002 von rainerWsauer, Verlag worte &musik)

Freitag, 12. Februar 2010

Fliegende Bleche I

Die BILD-Zeitung hatte sich vor einiger Zeit mit der Unterstützung eines Fotoapparates im Rund der 139 Stuttgarter Landtagsabgeordneten umgesehen. Heraus kam ein Artikel unter dem bezeichnenden Titel "Surfen, schwatzen, dösen - so langweilen sich unsere Abgeordneten". Wörtlich hieß es da: "Nach der Pause nutzte FDP-Mann Hagen Kluck (67) den 'Hasenstall' (so wird der Plenarsaal genannt) für ein Nickerchen. Wirtschaftsminister Ernst Pfister (63, FDP) sprang von der Regierungsbank und weckte ihn". FDP-Mann Gluck hieße nicht Hagen, wenn ihn das kalt gelassen hätte. Dem TAGBLATT sagte er einen Tag später erregt und empört über den BILD-Artikel: "Wenn ich schlafen will, mache ich das nicht im Plenarsaal sondern in einem der Klub-Sessel in der Lobby."

Ich mutmaße mal, dass Ihnen auch das Folgende gefallen wird:
Dass ein Mensch bei uns in Deutschand, so lange als "mutmaßlicher" Täter zu gelten hat, bis er von einem ordentlichen Gericht für seine Tat rechtskräftig verurteilt wurde, ist hinlänglich bekannt und fußt auf der Unschuldvermutung. - Dass in Zeitungen oft und viel Blödsinn steht, das wissenwir auch. Trotzdem überrascht gelegentlich, wie Zeitungen mit der Unschuldvermutung umgehen. Da heißt es etwa in der...ich sage es jetzt lieber nicht...Zeitung: "Unbekannte legten Absperrgitter auf Gleiskörper: Die Fahndung nach den mutmaßlichen Tätern läuft." oder mann muss lesen: "19-Jähriger in der Innenstadt erstochen: Der mutmaßliche Täter ist unbekannt." oder: "Zu Tode geprügelt wurde der Fernsehstar in seiner New Yorker Wohnung gefunden. Augenzeugen zufolge soll es vor der mutmaßlichen Tat zu einer Auseinandersetzung zwischen ihm und seiner Begleitung gekommen sein." - Ja, ja. Es steht oft und viel Blösinn in unseren Zeitungen.

Aber das Fernsehen ist ja nicht viel besser. Tatort: Fußballendspiel Spanier gegen Holland. Aussage des Reporters: "Man kann jetzt schon sagen, dass es in einem Endspiel noch niemals so viele gelbe Karten gegeben hat. Zumindest nicht bei dieser WM." Ja, dafür lieben wir unsere Führungskräfte am Mikrofon.

Über TV-Bilder kann man sich ja bekanntlich trefflich streiten. Meistens machen dies in TV-Talkshows zwei Politiker, ein Politikwissenschaftler und ein Politikforscher. Der eine Politiker ist oft Gregor Gysi. Das Ganze hört sich dann in etwa so an:

MODERATORIN = Auf der Aufnahme sieht man zwei Demonstranten vor dem Reichstagsgebäude. Einer trägt ein Schild, auf dem "Ich wähle links" steht. Was sagt uns das?

POLITIKFORSCHER = Das Foto sagt uns, dass rund 50 Prozent der Demonstranten vor dem Reichstag links wählen.

POLITIKER = Also, ich sehe nur einen der links wählt.

GREGOR GYSI = Das ist ja jetzt Quatsch. Mindestens einer von denen wählt ja wohl links. Und der andere traut sich halt im Moment nicht, sich auch dazu zu bekennen.

POLITIKWISSENSCHAFTLER = Eines ist klar, meine Herren: vor dem Reichstag gibt es mindestens einen Demonstranten, der vorgibt links zu sein. Wie es in ihm tatsächlich aussieht und was er früher gewählt hat, bedarf noch einer genaueren Analyse.

Übrigens: In Wien will die Friedhofsverwaltung mir der Abwärme des Krematoriums die Heizung ihres Verwaltungsgebäudes speisen, anstatt sie ungenützt durch den Rauchfang zu blasen. Ich finde das zumindest ökonomisch vernünftig.

Dienstag, 9. Februar 2010

Berlin ist, wenn man trotzdem lacht

Sie kennen das ja meine Lieben,

"Berlin ist, wenn man trotzdem lacht". Und das ist ja auch so, war es schon immer, nur dass Berlin eine Zeit lang im Westen lag und Bonn hieß und die DDR es vierzig Jahre lang verhindert hat, dass Bonn rübermacht und zum wahren Regierungsstandort aller Deutschen wird. Zum Glück ist das ja heute alles Geschichte, gewendet und für gut befunden. "Berlin ist, wenn man trotzdem lacht", da haben seit 1990 ja viele schon ganz gut mit gelebt. Wowereit als regierender Bürgermeister, Kohl als regierender Chef, Schröder als Autopilot mit der ruhigen Hand und nun unsere Bundekanzlerin. Und die macht ja ihrer Partei große Freude, setzt die Parteiprioritäten exakt um. CDU = Chaos durch Unterlassen. Und die Freien Demokraten, die FDP, die Freunde der Panik, mischen immer eifrig mit.

Und trotzdem gibt es immer wieder Streit in der Koalition. Die CDU wirft der FDP vor, die erzeuge Chaos, die Freien Demokraten wiederum halten den Christdemokraten vor, die CDU fühle sich für die Panik zuständig, was die Grundfeste der FDP-Politik erschüttern würde. "Und was macht de CSU?" wird in diesen Zusammenhängen auch gefragt? Dabei ist die Antwort hierauf ganz einfach: Die CSU besteht aus Horst und Karl-Theodor. Der Freiherr verteidigt sich selbst und seine Kunduz-Affäre und Horst Seehofer, der befruchtet die Verhältnisse in Berlin. So ist das und daher kommt ja auch der Spruch "Berlin ist, wenn man trotzdem lacht". Kein Wort von mir übrigens zur Opposition, das hatte ja der Sektenbeauftragte der Bundesregieurng so festgelegt.

Donnerstag, 14. Januar 2010

Wer regiert die Welt?

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste, verehrte Anwesende,

ich darf sie hier recht herzlich als Bundestagsabgeordneter begrüßen, als Volksvertreter wie man so schön sagt. Sie alle wissen es ja, meine Damen und Herren, wir treffen stellvertretend für sie die wichtigen Entscheidungen des Lebens, immer zum Wohle des Volkes. Diäten sind für uns, sind für mich, immer ein Thema. Diäten sichern die Unabhängigkeit des Volksvertreters, neben den Zuwendungen der Lobbyisten, manche Leute wollen das ja nicht bar haben. Jetzt wissen Sie, was Hüsch gemeint hat mit "durch die Bank". Ja, durch die Bank sind wir alle unabhängig in unseren Entscheidungen. Deshalb habe ich damals ja auch für den Bankenrettungsfond gestimmt.

Ich engagiere mich jede Woche weit mehr als 100 Stunden für meinen Wahlkreis, für die Bedürfnisse meiner Wähler und deshalb, weil ich mich ja seinerzeit auch selbst gewählt habe, auch für mich. Nehmen wir doch einmal die Probleme in unserer Gesellschaft, die durch Arbeitslosigkeit, Vorbehalte gegenüber Ausländern, durch Prostitution oder aber Alkoholismus verursacht werden. Das sind meine vordringlichen Themen. Erst jüngst habe ich als Bundestagsabgeordneter einen Bordellbesuch gemacht. Ich sage das ganz offen: Ich habe da keinerlei Tabus oder Berührungsängste. Das habe ich auch meiner Frau gesagt, nicht meiner ersten. Wir sind ja seit einiger Zeit geschieden, die Entfremdung war einfach zu groß. Sie zuhause mit den Kindern, ich die ganze Zeit in Berlin. Wie gut, dass ich da Dagmar hatte, meine Büroleiterin. Die hat mir über viele Höhe und Tiefen hinweggeholfen und deshalb habe ich sie ja dann auch geheiratet, die Schwangerschaft war da nicht das bestimmende Thema. Und die Kiara-Sophie ist ja wirklich auch so süß, das können sie sich gar nicht vorstellen. Dagmar, habe ich gesagt, der Bordellbesuch geschah aus einem drängenden politischen Interesse heraus und richtig Spaß hat das auch nicht gemacht. Das war harte Arbeit, sonst hätte man das auch nicht als Arbeitsbesuch abrechnen können. Und mit den zwei ukarinischen Nymphen konnte ich auch ganz offen deren Probleme mit Arbeits- und Aufenthaltserlaubnissen besprechen. Du verstehst, Dagmar, habe ich gesagt, drei Probleme auf einmal lösen: Arbeitslosigkeit, Vorbehalte gegenüber Ausländern und Prostitution, das muss mir erst einmal in Berlin einer nachmachen. Gut, mit Paolo Pinkel kann ich noch nicht mithalten, der ist mir immer eine NAsenlänge voraus, aber immerhin.

Was die Volkskrankheit Alkoholismus angeht, da habe ich seit meiner Wahl in den Bundestag schon Intensiv-Kurse absolviert. Als armer Schlucker war ich froh, dass die Bundestagskantine das arrangiert hatte und, immerhin, jetzt kann ich mitreden bei vielen neo-classic Longdrinks. Das hat sich letzten Endes auch für die Bundesrepublik ausgezahlt, denn ich werde vom Wirtschaftsministerium inzwischen regelmäßig für Gespräche mit osteuropäischen Handelskommissionen eingesetzt. Jüngst konnte ich mit dem ukarinischen Wirtschaftsattache in angenehmer Gesprächsatmosphere bilateral dringende Probleme von Arbeitslosigkeit, Vorbehalten gegenüber Ausländern und Prostitutierten besprechen.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste, verehrte Anwesende, ich hoffe ich habe sie nicht zu sehr gelangweilt mit meinem kleinen Einblick in den Alltag eines Bundestagsabgeordneten. Vergessen sie dabei niemals, wenn sie an mich oder andere Bundestagsabgeorneten denken: "WIR sind das Volk", meine Damen und Herren, und so wird das auch weiterhin bleiben. So lange, bis Brüssel ruft.

In diesem Sinne ...

Sonntag, 10. Januar 2010

Mandaranen und Baninen

Mein Lieblings-App ist das "Laus"!? Nein, das ist kein Handyspiel, bei dem eine Laus über die Leber gestuert werden muss, und man aufpassen muss, dass sie nicht von einer Alkoholfahne totgeschlagen wird. Mein Lieblings-App ist der "Laus"-App und wenn dann der App-Laus kommt, vornehmlich zwischen zwei Texten bei einer Lesung, gerne aber auch spontan mitten im Text, dann bin ich zufrieden.

Wissen Sie, das ist ja mit Ihnen, also mit dem Publikum, wie mit den Mandaranen und den Baninen. Auch wie mit den Zeitungen in Ostthüringen. Da gibt es die TLZ und die OTZ. In letzter Zeit werde ich den Verdacht nicht los, dass in beiden oft das Gleiche steht. Also nicht nur das selbe Thema sondern wirklich das Gleiche. Dafür geben wenigstens die Leserbriefe in beiden Zeitungen nicht unbedingt immer die Meinung der Leser wieder. Aber ansonsten ist es mit denen, als wenn die Austaauschbar sind. Mandaranen und Baninen eben. Da fehlt nicht viel und es wächst zusammen, was zusammengehört. Aus der Thüringer Landeszeitung und er der Ostthüringer Zeitung wird dann mit einem Mal die Ostthüringer Landeszeitung. merken Sie sich das gut. Die Idee stammt von mir. Wenn es mal so weit kommen sollte, dann will ich dafür Tantiemen haben. Und Sie alle sind meine Zeugen. So wahr es Mandaranen und Baninen gibt.

Wir, Sie und ich, das Publikum und der Künstler, meine Worte und Musik und Ihr Applaus gehören eben zusammen wie die OTZ und die TLZ, die Thüringen und der Kloßteig, wie Rost und Brätel oder Manderanen und Baninen.

Donnerstag, 7. Januar 2010

Märchendising

[VORBEMERKUNG - Keine Frage, Deutschland erlebt derzeit eine Art Märchenboom, mit oder ohne Grimm: Es gibt Märchenfestspiele und Themenparks, Märchenesoterik und Märchentherapie, Märchenfolklore und ganze Städte erklären sich zur Märchenstadt. Für Konsumgüter wird mit Märchenmotiven geworben und auch die Filmbranche greift immer wieder auf populäre Märchenstoffe zurück. Die Stadt Kassel hat sich inzwischen den Begriff "Märchendising" schützen lassen (2008) und es gibt seit Dezember 2008 sogar einen Begleitband zu einer Ausstellung mit Titel "Grimmskrams & Märchendising". Aber wie bei RICOLA ist man geneigt zu fragen: "Wer hat's erfunden?" ... und da stößt man auf "Rocklegende"-Autor Rainer W. Sauer und dessen Text "Märchendising" aus dem Jahre 2003. Ob er dises Wort dann tatsächlich erst-erfunden hat, muss hier offen bleiben; Fakt ist aber, dass es seit 2003 diese Geschichte aus dem Œuvre des Musikers Korff (aba Charly Davidson) gibt und schon 2005, bei der Veranstaltung "Kunze liest Tucholsky" in der Jenaer Universität, trug der Fanartikelstand den Titel "Märchendising"; aus dem gleichen Jahr datiert auch die Anmeldung der Internetadresse www.maerchdising.de durch den Autor bei der DENIC. Die nachfolgende Geschichte ist eine weitere, die den Namen "Märchendising" trägt, ist ebenso von Rainer W. Sauer und stammt aus dem Programm: "Main Offenbach" aus dem Jahre 2005/2006]

Es ist fürchterlich, wenn man einen tollen Einfall hat und nichts in der Hand, um ihn festzuhalten und nieder zu schreiben. Und kann man ihn nicht fixieren, dann ist der Gedanke ein für alle Mal weg. Es ist wirklich fürchterlich. Man zermartert sich danach stundenlang, manchmal tage- und gelegentlich sogar wochenlang das Großhirn, in der vagen Hoffnung die verschollene Idee wiederzufinden. Und doch nutzt alles nichts: sie ist weg, verschwunden, auf ewig in die ewigen Synapsen übergegangen.

Ich für meinen Teil schreibe Einfälle normalerweise in kleinen blauen Kladden nieder, aber wenn ich die nicht griffbereit habe und auch sonst nichts da ist um die Sache aufzuschreiben, dann greife in meiner Verzweiflung auf die Rückseite von Kassenbons zurück, denn Kassenbons hat man ja schließlich immer in seinem Portemonait bei sich. So schreibe ich viele meiner Geschichten in der Rohfassung des ersten Gedanken auf Kassenbons von Elektronikmärkten, Discountern, Supermärkten oder Tankstellen. Das hat mir mache Pointe gerettet und mir langwieriges Gehirnjogging erspart.

Nur, wenn ich später einmal etwas umtauschen muss, wegen einer Reparatur oder ähnlichem, dann muss ich diese Kassenbons wieder an den Händler oder die Umtauschkasse zurückgeben. Manchmal behalten sie dann meinen Kassenbon und ich schicke so ungewollt meine Geschichten auf die Reise. Wenn ich es mir recht bedenke in letzter Zeit sogar häufiger als früher. Ich bin weiß Gott kein Verschwörungstheoretiker, aber manchmal hege ich den Verdacht, dass man mir absichtlich defekte Geräte verkauft, nur um so eine Geschichte von mir zu bekommen.