Freitag, 28. März 2008

Das muss man doch verstehen

"Können wir einkaufen gehen?" fragte mich Maria. "Und wo soll's hingehen? fragte ich zurück. "Zu ALDI oder zu STASI?" ...äh... hab ich eben STASI gesagt? Wie kam ich denn da drauf? Wie heißt doch gleich der andere Discounter? ... LIDL, richtig. Da hab ich doch wieder STASI gesagt, meine lieben Freunde. Das muss ich jetzt doch wirklich ganz schnell in Ordnung bringen. Also: LIDL hat nichts mit der ehemaligen STASI zu tun, auch wenn man dort gelegentlich Mitarbeiter und Kunden überwacht hat und gefilmt hat und aufgezeichnet hat, wie die aussehen, was sie sagen und den ganzen Tag so machen.

Das muss man doch verstehen. Im Grunde geht es nur um das Finden und Fangen von Ladendieben, es geht um das Stehlen. Und wenn da einem jemand zum Beispiel die Zeit stiehlt ... sehen sie, das ist doch auch Diebstahl. Und um das zu verhindern, da muss man eben Vorkehrungen treffen. Die Abkürzung LIDL steht ja schließlich für LAUSCHEN IST DOCH LEGITIM und da soll man weghören, wenn einem die eigenen Mikrophone das Leben der anderen quasi direkt ins Ohr bringen?

Was ist denn so schlimm an der Information, dass Frau M., die an den Unterarmen tätowiert ist, in ihrer Pause ein Telefonat mit ihrem Handy führen möchte, sie aber nur noch ein Guthaben von 85 Cent auf ihrem Prepaid-Handy hat. Die telefoniert sie dann ab und sagt, dass sie am Abend gerne kochen würde, das geht aber nur, wenn ihr Gehalt bereits gutgeschrieben ist, da sie ansonsten kein Geld mehr hätte, um einzukaufen. Weshalb kann Frau M. jetzt nach Artikel 2 Grundgesetz ihre Persönlichkeit nicht mehr frei entfalten? - Also.

Da muss man doch verstehen, wenn die bei LIDL jetzt mächtg sauer sind, weil die von ihrem Unternehmen gut behüteten, sensiblen Daten vom STERN gewissenlos an die Öffentlichkeit getragen wurden. Oder? - Und wenn ich jetzt auch noch, selbst wenn es aus Versehen geschah, STASI gesagt habe.
Also ich finde, das geht zu weit. Oder haben sie schon einmal beobachtet, dass LIDL Ladendiebe nicht der Polizei übergibt sondern z.B. in Kühlräume einsperrt, damit sie über das Verbrochene nachdenken?

Das möchte ich hier einmal klarstellen ... wenn ich schon die Entscheidung getroffen habe, mit Maria
die nächste Zeit nur noch zu ALDI zu gehen.

Donnerstag, 27. März 2008

Seife

"Benutzt Du gelegentlich auch Seife?" hat mich meine Frau neulich gefragt. "Wieso?", hab ich sie zurückgefragt. "Weil die Seife in der Schale am Waschbecken schon so an der Schale angetrocknet war, dass ich fast fünf Minuten gebraucht habe um sie abzubekommen". "Aha", sagte ich, "dann benutzt Du sie also auch nicht". "Aber das weißt Du doch, mein Hase" sagte meine Frau, "ich benutze nur flüssige Seife". "Siehst Du", habe ich ihr darauf geantwortet, "ich nämlich auch". - "Ach", sagte Maria daraufhin, mit so einem süffisanten Unterton in der Stimme, "dann kannst Du mir ja auch sagen, wie Dir der neue Seifenspender gefällt, den ich letzte Woche gekauft habe und vor allem, ob er da gut steht, wo ich ihn jetzt hingestellt habe."

"Darauf kommt es doch gar nicht an ...", habe ich zu meiner Frau gesagt. "Aha!", fiel sie mir ins Wort, "Da haben wir es ja. Du weißt es also nicht." "... darauf kommt es doch gar nicht an", hab ich nochmals gesagt, "und wenn Du mich ausreden lassen würdest, dann hättest Du auch erfahren, was ich sagen wollte, aber jetzt sage ich gar nichts mehr". "Ist der Herr eingeschnappt?" fragte Maria mit besorgter Stimme. "Jawohl", antwortete ich. "Eingeschnappt weil Du mich im übertragenen Sinne als einen nicht ganz sauberen Menschen darstellen willst." - "Das stimmt allerdings", sprach darauf meine Frau, "manchmal bist Du nicht ganz sauber. Aber das ist ein anderes Thema". "Genau", sagte ich zu ihr, "vor allem aber bin ich eingeschappt, weil ich oft das Duschgel zum Waschen benutze und nicht die Seife." "Und," fragte Maria, "wann hat der Herr das letzte Mal geduscht?" "Öfters", antwortete ich, "und mit ganz viel Duschgel." "Ach deshalb ist gerade wieder kein Duschgel da und ich musste Dir ein neues kaufen." "Genau", beruhigte ich sie.

"Überhaupt", sprach ich zu meiner Herzensdame, wobei ich diesmal vermied, meine Ableitung, dass sich Herr von ‚herrlich‘ und Dame von ‚dämlich‘ ableitet, zum Besten zu geben. "Überhaupt", sagte ich, "was soll denn die Diskussion hier am Frühstückstisch? Da hast Du einmal keinen Frühdienst und ich kann mit Dir frühstücken und dann versuchst Du mich ich die Schmuddelecke zu drängen. Ich könnte Dir da Exemplare der männlichen Gattung nennen, die sind wirklich unreinlich, die stinken sogar sechs Meter gegen den Wind." "Mann wird nicht besser, dadurch, dass man Andere schlecht macht." belehrte mich Maria und sah mich herausfordernd an. "Was ist eigentlich mit dem Haare waschen? Wieso wäschst Du Dir Deine Haare nicht jeden Tag, so wie ich, sondern nur einmal alle zwei Wochen, wenn Du schon duschst?" "Weil ich nicht mehr so viele Haare habe", antwortete ich ihr, "und mit jedem Waschen werden es weniger. Wenn ich das wissenschaftlich betrachte, dann habe ich nach maximal 150 Haarwäschen kein einziges Haar mehr auf dem Kopf." Maria lachte. Maria lachte so laut, dass ich auch lachen musste. Wir lachten beide, dann aßen wir beide weiter unser Frühstück, Maria schüttelte noch ab und an ihren Kopf und gut wars. Ich habe mir übrigens danach sofort die Hände gewaschen, natürlich mit Seife, und mich im Bad umgeschaut ... und dabei auch den neuen Seifenspender entdeckt.

(aus: "MARIA ... und andere Weltwunder"/2006)

Mittwoch, 26. März 2008

Dösen

Mal ehrlich: Es gibt doch nichts schöneres, als nach dem Aufwachen noch einmal einen kurzen Moment dösen zu können. So von 7 Uhr bis 7 Uhr 22. Oder je nach dem, wann man aufwacht. Wenn wir aufwachen, da sind manche Menschen in Neuseeland ja schon wieder müde, oder andere, vielleicht in Ecuador, sind gerade erst eingeschlafen.

Man selbst aber liegt im Bett, döst so ein paar Minuten vor sich hin, und beginnt dann erst mit dem Tag. Mal ehrlich: Es gibt doch nichts schöneres, oder?

Dienstag, 25. März 2008

Unkaputtbar

Neben vielen Vorteilen in Deutschland zu wohnen und nicht in den USA, gibt es auch einige Nachteile. Jedenfalls für den Menschen in der Rolle des Verbrauchers. Zwischen Oregon und Maine gibt es da Dinge, die zwischen dem Niederrhein und Vorpommern undenkbar wären. In einem Vorort von Washington D.C. hatte zum Beispiel ein frisch auf die Richterbank berufener Jurist Klage gegen seine chemische Reinigung erhoben wegen einer im Jahr 2005 verschwundenen Anzug-Hose. Dabei machte er 67 Millionen US-Dollar Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend. Er habe die Hose zu seinem ersten Arbeitstag als Richter tragen wollen, sagte er betrübt, und habe besondere Seelenqualen erlitten, weil er nun nie mehr seinen Liebligsanzug habe tragen können. Dabei berief er sich auf den Werbespruch der Textilreinigung: 'Satisfaction Guaranteed', was ihm also 'Zufriedenheit wird garantiert' suggeriert habe.

Nun sind ja auch Amerikanische Gerichte nicht blöde und man verlangte deshalb von dem armen Mann einen Nachweis, wie sich die 67 Mio. Dollar denn zusammen setzen würden. Dabei machte der Mann geltend:

- die Zahlung von Wochenend-Leihwagenkosten für die nächsten 10 Jahre, damit er seine Wäsche zu einem anderen Geschäft bringen könne

- 500.000 US-Dollar Schmerzensgeld

- 542.000 US-Dollar Anwaltskosten (Er vertrat sich zwar selbst, aber wegen des Streitwertes ...)

- 1.200 Tage die das Schild mit der irreführenden Werbung im Geschäft hing à 1.500 US-Dollar (die Summe entnahmn er einem Verbraucherschutzgesetz) mal drei für das Geschäftsinhaber-Ehepaar und deren Sohn

Die Bundesrichterin ermahnte den Kläger zur Mäßigung, wonach dieser die Klagesumme um 13 Mio. Dollar auf 54 Millionen verringerte. Nicht genug befand die Richterin und wies die Klage als nicht begründet zurück, da der Kläger nicht habe nachweisen können, dass die Betreiber der Textilreinigung überhaupt für den Verlust des Kleidungsstücks verantwortlich waren.

Was wäre in Deutschland passiert, wenn die Klage hier eingereicht worden wäre? Hier hätte man allein wegen Schadensersatz in Form einer neuen Hose klagen können - die amerikanische Klage wäre von den Gerichten wohl gar nicht erst angenommen worden.

Neulich musste ich an den Mann mit seiner hosenlosen Forderung denken und zwar wegen einer Polyethylenterephthalat-Flasche. Das ist jetzt kein chemisches Reinigungsmittel sondern ein thermoplastischer Kunststoff aus der Gruppe der Polyester. Seit 1990 begleitet er uns wie selbstverständlich durchs Leben und zwar in Form der 'unkaputtbaren' PET-Flasche; PET ist nämlich die gebräuchliche Abkürzung von Polyethylenterephthalat.

Die Coca Cola Company führte in Deutschland die PET-Flache kurz nach der Wende ein und heute hat sie fast komplett die Glasflasche ersetzt. Weil sie, so der Werbeslogan aus dem Jahre 1990, U
NKAPUTTBAR ist. Man könne die PET-Flasche unbedenklich fallen lassen und nichts weiter würde geschehen. Nur beim späteren Öffnen solle man vorsichtig sein, wegen der gestauchten Kohlensäure. Soweit die Werbung.

Als medientreuer Verbraucher hatte ich diese Information in meinem Gehirn fest gespeichert. Nicht, dass ich jetzt fortgesetzt PET-Flaschen hätte die Treppe hinunter kullern lassen. Ich bin doch nicht Strelitz! Nein. Aber der Spruch gab mir über Jahre eine gewisse Sicherheit und Gelassenheit im Umgang mit den Flaschen. Falls einmal eine heruntergefallen wäre - kein Problem, schließlich sind die Flaschen ja unkaputtbar.

Bis zu dem Tag, als mir im Hausflur eine unkaputtbare Flasche aus der Hand auf den Boden fiel und danach sofort explodierte.
Sofort kamen meine Frau und meine Tochter und fragten, ob ich noch leben würde. Von oben bis unten naßgespritz stand ich vor ihnen. Im Gesicht liefen mir auch einige Tränen herunter, die sich jedoch als Flüssigkeit herausstellten, die ich in den Haaren hatte.

Diese Flasche war heruntergefallen und zwar dummerweise genau auf die Kante des Bodens der unkaputtbaren Flasche. Der war komplett abgerissen und der Inhalt hatte sich innerhalb einer Sekunden fontainenartig entleert. Der Druck reichte, um den Inhalt bis an die Decke zu befördern und sonst noch überall hin im gesamten Flur. "Also, du lebst noch" sagte meine Frau. "Na dann kannst du ja auch alles wieder aufwischen".

Eine knappe Stunde lang habe ich mit Lappen bewaffnet jedes einzelne Teil, die Schränke und die Bilder an der Wand gesäubert und mir dabei Gedanken gemacht, wie ich wohl reagiert hätte, wenn mir das in den USA passiert wäre.

Inzwischen weiß ich durch einen Antwortbrief der Coca Cola Company, dass 'unkaputtbar' auf die geringere Bruchanfälligkeit der PET-Flaschen gegenüber den Glasflaschen anspielte. "Sehr geehrter Herr Sauer, 'unkaputtbar' gibt es leider nicht." schrieb mir der Coca Cola Chef für
Deutschland und Nordeuropa. Dieser Satz hätte mir in den USA 88 Milliarden Dollar Schadensersatz und Schmerzensgeld eingebracht. Wenn's reicht..

(Nachtrag: Inzwischen musste
Deryck van Rensburg, der Coca-Cola-Chef für Deutschland und Nordeuropa, seinen Posten räumen.)

(aus: "Heimatkunde"/2007)

Zitadellen

Immer wieder werde ich zitiert, meist auch noch falsch. Deshalb habe ich hier aus unterschiedlichsten Texten meinerseits einige Zitadellen aufgelistet, die nach Bedarf ungefragt verwendet werden dürfen (bei schriftlicher Verwendung legt der eitle Autor Wert auf die Nennung seines Namens!):

"In einer Fünftelsekunde kann man heute eine Botschaft rund um die Welt senden. Aber es kann Jahre dauern, bis sie von der Außenseite eines Menschenschädels nach innen dringt."

"Kleidung muss zum Anlass passen, egal ob Ringelsöckchen oder Singleröckchen."

"Route 66? Also ich lese das immer anders, so etwa wie Ruth (66) und dann denke ich daran, wie die wohl aussehen könnte
."

"Chancengleichheit gibt es nicht bei faulen Kompromissen."

"Demokratie? Das ist, wenn zwei Wölfe und ein Schaf darüber abstimmen, was es zu essen gibt."

"Schon wieder ist ein Baby tot aufgefunden worden. Also das muss doch nicht sein, liebe Mütter. Tiefkühltruhen sind kein guter Aufbewahrungsort für Kleinkinder und Neugeborene. Kinder gehören in die Natur. Wenn man das mehr beherzigen würde, dann würde sich die Zahl der tot aufgefundenen Babys mit Sicherheit drastisch verringern. "

"Losung des Tages für die Regierung in Berlin: Lass dein Gehirn zuhause und hab Spaß auf der Arbeit."

"Wenn es darauf ankommt, die Gedanken einer Frau zu lesen, sind die meisten Männer Analphabeten."


"Floskeln? Ist das nicht der Nationalsport in Schweden. Schnorcheln und Floskeln. Obwohl, wenn ich es recht bedenke sind Schnorcheln ja asiatische Pilze."

"0195 und dreimal dürfen sie raten."

"Das ganz neue Hotline-Erlebnis: 0815 und gar kein Sex. Verlange OMA und sag zu ihr: Zieh dich an! Aber ganz schnell."

"Ich lasse mir doch von ihnen nicht erlauben, was mir keiner verbieten kann."

"46 ist nicht nur das erste Nachkriegsjahr sondern auch die Kleidergröße, bei der bei Frauen der Spaß aufhört."

"Man sagt ja, dass man trotz allem solche Situationen beethoven kann ... äh ... nicht beethoven, was war es noch gleich, bachen, wagnern, brahmsen? ... händeln!! Jetzt hab ichs. So eine Situation kann man trotz allem händeln."

"Das deutscheste Land der der Welt ist nicht etwa Deutschland. Nein, nein, bei so vielen Ausländern. Denken sie nur an Eiweiß oder Citronen. Citronen haben nicht das meiste Vitamin C und Eiweiß nicht das meiste Eiweiß. Nein. Liechtenstein ist das deutscheste Land der Welt - nicht nur wegen des Geldes."

"Das ist der Kalender vom nächsten Jahr, den dürfen sie noch gar nicht sehen. Da sind Tage drin, ich sage ihnen, die werden sie nicht mögen."


Der' Wolfgang Neuss Monolog'

[Auf dem vorderen Teil der Bühne sieht man Wolfgang Neuss; er hat eine Pauke in der Hand, die eine Maschine ist und wie ein überdimensionales Zahlenschloss aussieht, nur mit dem Unterschied, dass es anstatt von Zahlen drei Buchstaben hat. Wolfgang Neuss bewegt sich immer im Vordergrund der Bühne, nimmt von den Anderen absolut keine Kenntnis.]

NEUSS: Ein Rätsel: ‚Er lebt im Wald und geht ab und an in die Stadt. Dort ist er als großer Verführer bekannt; ein trug- und listenreiches Tier. Den Lebenden gegenüber stellt er sich tot, bis er sie in seinen Rachen bekommt und verschlingen kann.‘ Na, wissen Sie’s? Wissen Sie’s? Na!

(Neuss schaut sich um. Wird dann böse in seiner Stimme.)

Also, ich könnte gerade mal verrückt werden. Da gibt es Sterbliche, die treffen auf Gott und sie könnten ihn alles fragen und was fragen die...Na?...Was, das wissen Sie auch nicht? Was wissen Sie den überhaupt. Also - das ganze nochmal von vorn: Da gibt es Sterbliche, die treffen auf Gott und sie könnten ihn alles fragen und die sagen: ‚Haste mal Feuer?‘. Jawoll, das machen die.

(Die Stimme wird sanfter.)

Obwohl, tiefenpsychologisch betrachtet ist das interessanterweise ja die Frage schlechthin an Götter: ‚Haste mal Feuer?‘ Brecht/Weil wir gerade beim Thema sind. Haben Sie vielleicht einmal Feuer für mich...wie? ...na klar sind wir beim Theater und da darf man nicht rauchen, weil wir sind ja in Deutschland und da ist alles geregelt. Als wenn schon jemals ein Theater abgebrannt wäre, weil ich geraucht habe. Außerdem darf ich dass, wissen Sie. Ich bin doch schon tot und da helfen auch keine guten Sprüche auf den Zigarettenpäckchen.

Ich bin das Genie und der Wahnsinn - Asbach uralt! In mir wohnt der Geist des Weines. Also, meine Damen und Herren: Dies ist mein Maschinchen. Ja, das kann alles. Seit meinem Tode bastele ich daran herum. Zum Beispiel hier. Ich drehe (er dreht die Buchstaben) und was hab ich: (er zeigt die Pauke zum Publikum) A-R-D. Ein kleiner Dreh (er dreht erneut) und wir haben die B-R-D. Noch ein, zwei Drehs (er dreht) und es ist der C-S-D. Eins vor und eins zurück und wir haben B-S-E. Eins zurück und eins vor und daraus wird die C-S-U oder R-O-M oder T-O-D. Drei Buchstaben sind es, die in Deutschland einen Sinn ergeben. Mit drei Buchstaben kann man bei uns die tollsten Dinger drehen. Schauen Sie immer genau hin, wenn Sie drei Buchstaben sehen. Ich verspreche Ihnen: Es lohnt sich!

Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass es in diesem Stück außer mir keinen einzigen Raucher gibt. Ich bin der Quotenraucher. Ist Ihnen des weiteren aufgefallen, dass es im Stück Leute gibt, die gar nicht so sind, wie sie scheinen. Lustig zum Beispiel ist eigentlich gar nicht Lustig. Wer er in Wirklichkeit ist, das wissen wir doch schon lange. Der Tod. Jawoll, der Tod, meine Damen und Herren. Und warum ich das weiß? Blöde Frage: Der Tod ist niemals Lustig. Und dann dieser Nachname. (Neuss dehnt das Wort...) Luuussstiiiigg. Klingt ein bisschen wie Juuussstiiiizz. Könnte aber auch jemand sein, der jüdischen Abstammung ist. Aaron Lustig oder so. Daran sieht man, dass man heutzutage niemandem trauen kann. Generell. Meine Damen und Herren: Verlieren Sie Ihre Unschuld und Sie bekommen etwas dafür, dass können Sie sich für Geld nicht kaufen, denn das kann sich heutzutage fast niemand leisten: Gesundes Misstrauen!

Seien Sie vorsichtig, wenn Sie in der Stadt Ihres Vertrauens Wahlplakate sehen, mit Gesichtern, die das sympathische Lächeln einer Weinbergschnecke mit dem Innovationsgehalt einer Schachtel Weinbrandbohnen verfeinern. WIR, so suggerieren diese Flachköpfe bekleistert, WIR sind DAS VOLK. Womit sie sogar Recht haben, denn normale Menschen kommen gar nicht in den Genuss eines staatlich subventionierten Vierfarbportraits im Format 800 x 1000. Nur plebejisch intellektuelle Wollmilchsäue haben den Eignungstest bestanden um volkstümelnd über uns zu stehen oder trefflicher ausgedrückt: herumzuhängen.

Na gut, es gibt heutzutage auch durchaus noch geniale Politik. Das Fluten der Havelpolder hat zum Beispiel das Elbehochwasser um 5 % gesenkt und die Sozialdemokraten um 5 % gehoben. Viel Leid ist den Menschen dadurch erspart geblieben.

Aber den Politikern muss man sagen: ‚Das Spiel ist aus.‘ - Das Spiel ist natürlich nicht aus und es ist schon gar kein Spiel. Ich muss das hier aber sagen. Also - nochmal von vorn: Das Spiel ist aus. Der Lack ist ab, wir haben an der Fassade gekratzt und der Dreck brennt uns unter unseren Nägeln. Zu allem Überfluß in unserer Gesellschaft verliert der Deutsche Wald jetzt auch noch seine Blätter. (Er bückt sich und hebt einige Blätter auf und nickt!) Das hatte ich mir gedacht: Eichenlaub! Und wir denken sogar noch, wir hätten und das Eichenlaub verdient, heben es auf und verleihen es uns als etwas Besonderes. Denn es verleiht auch uns etwas besonderes: Wir sind als einziges Volk dieser Erde auf alle Zeiten hinaus korrekt geeicht!

So meine Lieben. Das was Sie heute gesehen haben, war ein Stück Deutsches Theater. - Das war natürlich kein Stück rein Deutsches Theater. Ich muss das hier aber sagen. Also - nochmal von vorn: Dies war ein Stück Deutsches Theater. Deshalb war alles was darin vorkam die Wahrheit und zwar die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit über die Zerbrechlichkeit moralischer Ordnung in der Deutschen Gesellschaft zu Beginn des XXI. Jahrhunderts ... mann, was weiß ich schon über das XXI. Jahrhundert? Ich bin im XX. gestorben. Davon verstehe ich was. Deshalb bin ich hier. Ich bin tot und ich weiss alles darüber und ich bin nicht Lustig und das ist gut so.

„Ein schöner Mord, ein echter Mord, ein guter Mord. So schön, als man ihn nur verlangen tun kann. Wir haben schon lange so keinen gehabt.“ (Sprechpause. Neuss schaut fragend ins Publikum.) ‚Woyzeck‘, Schlußsequenz. Wurde erst ein halbes Jahrhundert nach dem Tod des Autors in seinem Nachlass erlesen und entdeckt

Sagen Sie mal: Lesen Sie überhaupt? Was lesen Sie? Bücher, Kontostände, Emails?. Vielleicht gar Zeitung, wie die gebildeten Leut‘?. Ich meine jetzt nicht, dass sie nach zwei Stunden noch die Schlagzeilen aufsagen können. Das ist zwar auch schon eine Leistung. Nein. Haben Sie die Fähigkeit und Zähigkeit eine Zeitung zu lesen, wie man Trauben von einer Rebe liest und sie dann im Mund zergehen lässt?

Ich LESE Zeitung. Und ab und zu spucke ich die Kerne aus und schaue sie mir an. Man sagt doch, dass das Leben die besten Geschichten schreibt. Leute, DAS STIMMT. Hier zum Beispiel: „...Ein verkleinertes Modell des früheren KZ Buchenwald entsteht im Jugendprojekt ‚Xenos‘ in Eisenberg. Mit dem Projekt, an dem zwanzig Jugendliche teilnehmen, soll den Schülern Geschichtsbewusstsein vermittelt werden. Anliegen ist auch, durch den Nachbau des Konzentrationslagers berufsbezogenes Wissen für später zu vermitteln und die Freizeit sinnvoll zu gestalten.“

Na, wie war das? Lassen Sie sich bitte jedes einzelne Wort auf der Zunge zergehen. Nochmal von vorn, langsam und poetisch: „...Ein verkleinertes Modell / des früheren KZ Buchenwald / entsteht im Jugendprojekt ‚Xenos‘ / in Eisenberg. Mit dem Projekt / an dem zwanzig Jugendliche teilnehmen / soll den Schülern Geschichtsbewusstsein vermittelt werden. / Anliegen ist auch / durch den Nachbau des Konzentrationslagers / berufsbezogenes Wissen / für später / zu vermitteln / und die Freizeit sinnvoll zu gestalten.“ - Wenn Sie das begreifen, was das bedeutet, dann ist das Gehirnsalat-Chirurgie. Eins rauf mit Mappe.

Und noch etwas habe ich für Sie aufgelesen. Aus dem ‚Tagesspiegel‘ vom 19. August 2002, Seite 12: (Neuss spricht theatralisch) „Noch immer sind die Hintergründe der Bluttat auf dem U-Bahn-hof Paradestraße unklar. Dort hatte ein 19-jähriger Liberianer eine 24-jährige Kreuzbergerin vor einen einfahrenden Zug der Linie 6 gestoßen. Die vollkommen ahnungslose Frau kam kurz nach 14 Uhr auf den Bahnhof. Der Täter packte sie und stieß sie vor die in diesem Moment nur noch etwa zehn Meter entfernte U-Bahn. Anschließend wählte der Täter selbst den Polizeinotruf 110, wartete bis die Polizei kam und ließ sich widerstandslos festnehmen. Zu seinen Beweggründen äußerte sich der Liberianer nicht: ‚Er starrt uns schweigend ins Gesicht‘, sagte ein Ermittlungsbeamter.“

Sieben Sätze zwischen Leben und Tod waren das, aber genug für einen Film von zwei Stunden Länge ... wenn man Zeitung LIEST. Aber mir ist es ja egal. Von mir aus lesen Sie eben ‚Boulevard‘. Das ist für manchen einfacher. Fast Food Furunkel in Tittentunke. Sich sauggeile Blutekel holen, mitten ind Gehirn setzen und dabei zu hoffen, dass der geistige Aderlass einem gut tut und nicht zu abflauenden Gehirn-Windungen führt.

(Kurze Sprechpause) Anwesende natürlich ausgenommen, Verwesende sowieso. Weil Sie haben ja Intelligenz. Deswegen sind Sie ja schließlich hier im Theater.

('Der Wolfgang Neuss Monolog' ist Bestandteil des Theaterstücks 'Eichenlaub'/2002 von rainerWsauer)

Dienstag, 18. März 2008

Haste Töne?

Früher war das Telefonieren einfach. Man wählte ein 'Amt' und wurde verbunden. Oder man konnte selbst telefonieren. Jedenfalls (mit der Betonung auf 'falls') wenn man einen eigenen Telefonanschluss hatte und nicht gerade die Nachbarin an der Tür klingelte, weil sie einen dringenden Anruf erwartete. Telefonapparate waren Fernsprecher, die sonstigen Gespräche wurden zwischenmenschlich erledigt. Früher gab es auch noch gelbe Telefonzellen, teilweise mit kleinen Warteschlangen vor der Tür, weshalb mit große Lettern "Fasse dich kurz!" an ihnen stand.

Dann kam mit dem Ende der DDR die Einführung flächendeckender Mobilfunknetze, was nichts miteinander zu tun hat und trotzdem interessant ist. Mit dem Mobilfunk kam das Handy, wie wir Deutsche es getauft haben, in unsere Hände und Taschen und erregte anfangs nicht nur wegen seiner Größe sondern auch wegen seiner Meldetonsignale, die an die frühen Videospiele erinnerten (künstlich, nervig, sinnlos), Aufsehen.

Also besannen sich die Hersteller, was man am Klingelton ändern könne. Vorweg: Ein Klingelton ist üblicherweise ein Signalton, der von einer Klingel erzeugt wird. Bei Mobiltelefonen wurde die Klingel aber erst elektronisiert und dann durch einen Lautsprecher ersetzt, der bei einem ankommenden Anruf irgend etwas wiedergibt, was nicht im geringsten einer Klingel ähnelt, sondern eher an Melodien, Sprüche und Geräusche erinnert.

Da heute jeder Deutsche Mensch statistisch gesehen mindestens ein Handy hat, wäre es natürlich fatal, wenn alle Handys den gleichen Klingelton hätten. Man denke nur daran, wie das im Ausland ankäme, wenn alle Bundestagsabgeordneten beim ersten Klingeln gleichzeitig ihr Handy aus der Tasche holen und dann gemeinsam den rechten Arm mit flacher Hand auf Augenhöhe schräg nach oben strecken, um zu sehen, wer anruft oder um einen besseren Empfang zu bekommen. Das wäre sogar grundgesetzlicherseits verboten.

Also läd sich jeder auf seine Handy einen möglichst individuellen Klingelton, denn "... an ihren Tönen sollt ihr sie erkennen", wie schon die Bibel sagt: 1. Buch Johannes, Kapitel 2 oder so ähnlich. Jedenfalls gibt es da die unterschiedlichsten Klingeltöne, vom furzenden Eisbär über das kotzende Pferd zum singenden Hasen, vom neuesten arabischen Schlager über eine lachende Lokomotive zum politischen Statement ("Wählen sie Kanzler 1 für Bismarck, Kanzler 2 für Hitler, Kanzler 3 für Adenauer, Kanzler 4 für Schmidt, Kanzler 5 für Merkel!"). Oder es meldet sich die Stimme des Papstes und sagt: "Mein Sohn, du hast Post." Alles ist heutzutage möglich und trotzdem kommt es mir vor, als wenn es den Menschen sogar ein klein wenig peinlich ist, wenn man ihren individuellen Klingelton zu hören bekommt.

Noch peinlicher sind aber gelegentlich die Gespräche, die man unfreiwillig mit anhören muss. Gestern hatte ich die Tür meines Büros offen und auf dem Gang war plötzlich ein Nebelhorn zu hören, gefolgt von einem Krachen und Bersten, den panischen Schreien Ertrinkender und in all dem Chaos sang Celine Dion 'My Heart Will Go On'. Allerdings nicht lange. Nach dreißig Sekunden (oder gefühlten eintausend Ertunkenen) meldete sich im Flur eine Frauenstimme: "Also weeste Schatz, des geht nu gar nüscht. Ich bin uffm Amt seim Flur un warte un du rufst mich hier so mir nüscht, dir nüscht an, also weeste! Abba des machste ja überall mit mir, egal wo! Also: machs nich gut, machs schön, Alter."

Viele Menschen sind zu gut erzogen, um mit vollem Mund zu sprechen, haben aber keine Bedenken, es in der Öffentlichkeit mit leerem Kopf zu tun. Oder anders ausgedrückt: Erst die Verbreitung von Handys hat uns bewiesen, dass Horror nichts anderes ist als Realität. Haste da noch Töne?

Montag, 17. März 2008

Nüsse

Also hören sie mir mit 'Nüssen' auf ... hören sie mir bloß mit 'Nüssen' auf. Wissen sie, da könnte ich wahnsinnig werden. Eine Erdnuss reicht, dann brechen schon alle Dämme bei mir. Ich kann nicht mehr aufhören und kaue Nuss um Nuss. Da ist es mir, auf gut Deutsch gesagt, sch...egal, ob meine Zähne nachher aussehen als hätten sie Zahnpelz. - Zahnpelz? Können sie sich nicht mehr daran erinnern? Siebziger Jahre, Colgate Fluor S. Vor dem Putzen erst einmal kritisch mit der Zunge über die Zähne fahren ... und was stellen sie zu ihrem Erstaunen fest? Genau: Zahnpelz, wie man es damals poetisch ausdrückte, oder Plaque wie es später hieß. Kommt bei mir von den Nüssen. Einmal angefangen, da kann ich nicht mehr stoppen.

Beim Autofahren, ganz schlimm, gaaanz schlimm. Meine Frau sagt immer: "Du hast doch wohl heute nicht wieder Nüsse beim Autofahren gegessen. Schau dir den Beifahrersitz an ... voller Salz!" Ich habe halt die Angewohnheit, meine Hände am Beifahrersitz abzuwischen und dass die Nüsse immer in Salzlauge eingetaucht werden, bevor man sie verpackt, da kann ich doch nichts für. Überhaupt ist das ja wahrscheinlich die Salzlauge, die uns Menschen dazu bringt, wenn man mal angefangen hat mit dem Nüsse-Essen, dass man damit nicht mehr aufhören kann. 100 % ist das die Salzlauge. Und dass der Mensch früher mal ein Affe war. "Das ist die Evolution, da kannst du gar nichts dagegen machen", sagte ich zu meiner Frau. "Das liegt in den Genen." "Was" fragte Maria "haben denn die Gene damit zu tun, dass du deine Pfoten am Beifahrersitz abwischst?" "Weil der Mensch früher im Wasser gelebt hat, fixiert er sich auf die Salzlauge und weil er als Affe sich von Nüssen ernähren musste, steht er auch heute noch so auf Nüsse und weil in den Genen immer nur Informationen von Jahrtausenden abgelegt sind, haben es Beifahrersitze noch nicht hinein geschafft und daher kommt das." antworte ich. "Gut" sagte meine Frau daraufhin "dann werden eben so lange keine Erdnüsse mehr gekauft, bis es diese Information in deine Gene geschafft hat".

"Und was ist mit Macadamia-Nüssen" fragte ich zurück. "Das gilt für alle Nüsse!" "Auch Kokosnüsse" wollte ich wissen. "Mein Gott" rief Maria laut seufzend, worauf ich ihr antwortete, dass ich mich zwar geschmeichelt fühlen würde, aber ein 'Herr Sauer' hätte durchaus gereicht. - Doch jetzt mal ganz ehrlich: Wo soll man sich beim Autofahren denn sonst seine salzigen Hände abwischen? Auf dem Mond ist die Menschheit schon angekommen und auch auf dem Mars. Aber es sind die einfachen Dinge, für die man vergeblich eine Lösung sucht.

Freitag, 14. März 2008

Der Unmensch des Jahres

Ich bin der Unmensch des Jahres. Unnachahmlich, unersetzlich, ungeachtet, unauslöschlich, uneinnehmbar, unbewacht, ungeheuer, unverschuldet, ungesittet, unvollkommen, unselbständig, ungefährlich, unappetitlich, ungehorsam, unabhängig, unbefriedigt, unschlüssig, unanfechtbar, unumgänglich, unerwartet, unfähig, unvorbereitet, ungläubig, unehrenhaft, unteilbar, unendlich und unglaublich unerträglich ...

... wenn man mir die Wahrheit sagt.

(aus: "Die Korrektur der Sicht-Waisen"/2003)

Donnerstag, 13. März 2008

Phrasenverschiebung

"Ja ... hallo ... ein Willkommen erst einmal an die versammelte Presse. Als Politiker hat man es manchmal nicht so leicht, die Dinge zurecht zu rücken, die über einen verbreitet werden. Und gerade im Wahlkampf, wo man immer sein Bestes gibt und um jede Stimme der Wähler ...äh... und natürlich auch der Wählerinnen kämpft ... wobei wir schon beim Thema sind.

In den letzten Tagen sind da ja Geschichten über mich in die Öffentlichkeit gelangt, die, und das sage ich in aller Offenheit, da absolut nicht hingehören. Aber sehen sie es doch einmal so: Ich als verheirateter Christ, habe die Aufgabe das Wort Gottes in der heutigen, schwierigen Zeit, hinaus in die Welt zu tragen. Natürlich ehre ich meine Frau und meine Familie. Aber auf der anderen Seite kann man schnell, wenn die Weiblichkeit lockt, mitten hineinstoßen in die Schwierigkeiten ... äh ... in die ludernde ...äh... Brut ... ohne dass man das eigentlich wollte. Und heraus kommt dann ein Ergebnis, dass man sich so nicht erwünscht hat, das aber letzten Endes auch nicht wieder so ohne weiteres aus der Welt zu schaffen ist, wie etwa in anderen Bundesländern durch die Verwechslung von Gefriertruhen mit Babyklappen. Das möchte ich hier in aller Deutlichkeit sagen! Ich stehe meinen Mann ...äh... stehe zu meinem Nachwuchs und glauben sie mir: Ich weiß, was es heißt, Tochter eines Mädchens zu sein.

Und, seinen wir doch einmal ehrlich: die Deutschen sterben aus, wenn sich nicht jeder mit aller Kraft dem entgegen stemmt. Natürlich kann man mir Unmoral vorwerfen. Aber sind wir nicht alle Politiker? Sind wir nicht alle fehlbar? Haben wir nicht alle schon einmal schwarz gearbeitet, die Versicherung beschummelt, den Chef angeschwindelt? - Sehen sie. Wer ohne Tadel sei, der werfe den ersten Stein.

In diesem Sinne ... Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland. Danach lasst uns alle streben, brüderlich mit Herz und Hand! ... äh ... und jetzt könnte ich ihnen ein paar Fotos meiner jüngsten Tochter zeigen."

(aus: "Heimatkunde"/2007)

Gewöhnungssache

Der Name 'Klohocker' ist in Deutschland nicht sehr beliebt und führt regelmäßig bei Standesämtern zu Anträgen auf Nachnamensänderung oder Hochzeiten. Ganz anders im US-Staat Kansas, wo eine Frau freiwillig etwa zwei Jahre lang auf der Toilette ihres Freundes gegessen und geschlafen - kurzum gelebt - hat.. Obwohl mit der Zeit ihre Haut um die WC-Brille herum gewachsen sei, habe sich die 35-Jährige hartnäckig geweigert, ihr unkonventionelles Asyl zu verlassen. Auf die tägliche Aufforderung ihres Lebensgefährten, doch bitte das Bad zu verlassen, habe sie nur geantwortet: "Maybe tomorrow./Vielleicht morgen."

Zwar hätte er früher Hilfe holen sollen, räumte der Mann ein, aber nach einer Weile gewöhne man sich irgendwie an die Situation. Er selbst habe seiner übergewichtigen Freundin zu essen und zu trinken gebracht und, wenn er mal musste, das zweite Badezimmer im Haus benutzt." Erst als die Frau nicht mehr auf seine Fragen antwortete, habe er entschieden die Polizei zu rufen. Die fuhr zu dem Haus und fand die Frau lebend und mit heruntergelassener Hose auf der Toilette sitzend. "Zu uns sagte sie, dass sie keine Hilfe brauche. Ihr gehe es gut und sie werde die Toilette nicht verlassen" sagte der Polizeichef. Weil die Frau aber einen verwahrlosten Eindruck machte, schraubten die Polizisten kurzerhand die Klobrille ab und brachten die 35-Jährige in eine Klinik, wo ihr die Toilettenbrille operativ aus der Haut entfernt werden musste.

Den Ermittlern in Kansas erklärte ihr Lebensgefährte, seine Freundin habe sich anfangs jeden Tag etwas länger im Badezimmer aufgehalten und irgendwann entschieden, den Raum nicht mehr zu verlassen.

(Quelle: "Kansas City Star"/USA 2008)

Reine Maggie

Der Gallier Obelix ist als Kind in ein Faß mit Zaubertrank gefallen, ich fiel als Kind in ein Faß mit Maggi-Würze . Die ganze Welt redet über Obelix, über mein Kinheitstrauma redet niemand. Wann es geschah, wer mich herauszog etc., davon weiß ich bis heute nichts. Aber zu bestimmten Anlässen macht meine Umwelt mich immer wieder darauf aufmerksam. Zuerst waren es meine Eltern, dann meine Eltern und meine Frau und zu guter Letzt auch noch die Kinder und Freunde der Famile.

Dabei war ich selbst ein Kind, noch nicht einmal neun Jahre alt, als ich der Legende nach laut schreiend über einen Campingplatz am Chiemsee rannte und laut ausrief: "Die Maggi-Weiber sind da. Hört alle zu! Die Maggi-Weiber sind da." Natürlich spricht aus solcherlei Sätzen die kindliche Unschuld und ich denke, mein Vater war es gewesen, der mir den Begriff des 'Maggi-Weibes' souffliert hatte. Tatsache ist jedoch, dass ich bewusste Damen schon eine Woche zuvor auf dem Campinngplatz in Garmisch-Partenkirchen in mein Herz geschlossen hatte, weil sie dort aus einem Imbisswagen, auf dem in großen Lettern 'MAGGI' prangte, leckere Proben der neuesten Produkte wie Kartoffelpüree mit Bratensauce und vielerlei Suppen anboten. Man musste sich in einer Schlange anstellen und konnte bei jeder Probe, die man bekam, an einem Rad drehen und etwas gewinnen. Der Hauptgewinn war ein Maggi-Wasserball und den hatte ich mir nach ungefähr achtzehn Mal Schlange stehen in Garmisch redlich verdient. Kein Wunder also, dass mein Begeisterung kaum Grenzen kannte, als ich den Maggi-Schriftzug nun auch am Chiemsee wieder sah. "Du must als Kind in eine Faß mit Maggi gefallen sein" sagte meine Mutter daraufhin und schüttelte ratlos den Kopf.

Für Bobb Sanders, einen Ur-Engländer, den es in den 80er-Jahren nach Frankfurt am Main verschlagen hatte, war ich immer etwa suspekt. Nicht, wenn wir Musik zusammen machten und er meinen EMS Synthesizer bediente. Nein, da lief alles perfekt ab. Aber wenn ich mir Spaghetti machte und über die Spaghetti dann Maggi aus der Flasche träufelte, dann war ich ihm suspekt. Spaghettis, sagte er, seien eine italienische Vorspeise und Maggi ein Gewürz. Auf keinen Fall könne man beides mischen und dann auch noch als Hauptspeise essen. Das sagte zu mir wohlgemerkt ein Engländer, Verterter einer Nation also, die für ihre eigenen Kochkünste überaus berühmt war. "Whe you were an little boy ... Du musst in ein Maggi-Fass geschlafen haben." war sein Kommentar.

Ein weiteres Indiz für diese Meinung ist die Sache mit den gekochten Eiern. Seit meiner Kindheit mache ich mir Maggi über gekochte Eier. Erst werden sie gedätscht, dann geschält, anschließend wird der Kopf abgebissen und dann: 'Gib ihm Maggi.' Meine Frau wendet sich in solchen Momenten nur angewidert ab und sagt resignierend: "Du musst als Kind in ein Fass mit Maggi gefallen sein. Anders kann ich mir das nicht erklären."

Wo sie recht haben, haben sie recht. Anders als mit reiner Maggie kann ich mir die Sache auch nicht erklären.

Montag, 10. März 2008

Rasche Textilreinigung

Wussten sie schon, dass die Trockenreinigung von Kleidungsstücken überhaupt gar keine Trockenreinigung ist? Denn die zu reinigenden Anzüge, Kleider und Kostüme, Jacken oder Mäntel kommen sehr wohl in ein Reinigungsbad. Als Reinigungsflüssigkeit wird allerdings kein Wasser genutzt sondern die Lösungsmittel Benzin , Tetra oder Perchlorethylen. Dies sind Chemikalien, weshalb man die Trockenreinigung auch Chemische Reinigung nennt, was aber auch etwas verwirrend ist, denn bei dieser Art der Reinigung findet ja gerade keine chemische Reaktion statt.

Warum spricht man aber von 'Trockenreinigung'? Im Prinzip ist das ganz einfach: Die Kleidung wird in einer Art Waschmaschine mit dem Lösungsmittel behandelt, wobei sich in ihm Schmutz und andere Verunreinigungen leicht lösen. Hierbei haben Lösungsmittel den Vorteil, dass die Textilfasern beim Reinigungsvorgang nicht aufquellen und dass das Kleidungsstück in Form bleibt, ganz wie im trockenen Zustand. Daher kommt der Name 'Trockenreinigung'.

Die Nachteile liegen aber in der Gefährlichkeit im Umgang mit den Chemikalien. So kann das Reinigungsgemisch im Kontakt mit der Luft explodieren, falls es Zündfunken gibt. Außerdem handelt es sich bei den Reinigungsmitteln meist um flüchtige organische Verbindungen, die zum Smog beitragen können. Darüber hinaus
ist Perchlorethylenird eine Kohlenwasserstoffverbindung, die umwelt- und gesundheitsgefährdend ist. Deshalb wird die Trockenreinigung auch in geschlossenen Waschtrommeln durchgeführt und die Lösungsmittel werden so recycelt, dass möglichst wenige von ihren Stoffen freigesetzt werden.

Ich für meinen Fall benutze gerne die chemische Reinigung, vor allem dann, wenn ich einmal Teer- oder Fetflecken an meiner Kleidung habe und meine Frau hiervon nichts erfahren soll. Auch wenn es paradox klingt: Frauen können bei Teer- und Fettflecken auf der Kleidung ihrer Männer genauso fuchsteufelswild werden, als wenn es sich um Reste von Lippenstift handelt. Wohl dem, der eine Frau hat, die sich professionell und nicht emotinal der Bekämpfung dieser Art von Flecken annimmt. Hanns Dieter Hüsch zum Beispiel konnte sich glücklich schätzen, hatte er doch stets die Rasche Textilreinigung in seiner Nähe. Eine Einrichtung, die ebenso hilfreich sein kann, wie die Schnelle Medizinische Hilfe. "Schnelle medizinische Hilfe - noch nie gehört." werden jetzt manche von ihnen denken ... und schon haben sie sich als Restdeutsche geoutet, die bei den Spezialitäten Ostdeutschlands einfach nicht mitreden können.

(aus: "Der mittlere Osten"/2007)

Freitag, 7. März 2008

Kerb-Tiere

Schaben (lat. Blattodea) sind eine Ordnung der Insekten mit unvollständiger Verwandlung, weshalb sie auch meist nicht gut drauf zu sein scheinen. Ihre Körperlänge beträgt zwischen 5 mm und 10 cm. Als größte noch lebende Art galt bis 2005 die 'Megaloblatta blaberoides' mit 9,5 cm Körperlänge, dann wurde auf Borneo eine noch größere Art entdeckt.

Von den etwa dreieinhalb Tausend bekannten Schabenarten leben in Europa nur 15, die restlichen 3.985 Arten findet man meist in den Tropen und Subtropen. Schaben sind nachtaktiv oder leben in dunklen Lebensräumen und zu den bekanntesten Arten in Deutschland zählen die Kakerlake (lat. Blatta orientalis, auch Küchenschabe genannt) und die Deutsche Schabe (Blattella germanica), die im 19. Jahrhundert von den Deutschen Kolonien eingeschleppt worden sein soll. Im Gegensatz zur Amerikanischen Großschabe (Periplaneta americana) sind Kakerlake und Deutsche Schabe bisher nicht in den Lebensräumen um nahezu sämtlichen Häfen der Welt zu finden. Schaben bevorzugen warmes Klima und vertragen keinerlei Kälte, weshalb sie und andere Kerbtiere in Nordeuropa oder den Alpen kaum vorkommen. Den Begriff des 'Kerbtieres' prägte übrigens im 17. Jahrhundert der Poet (und erste Berufsschrifsteller Deutschlands) Philipp von Zesen.

Am 8. Oktober 1619 in der Nähe von Dessau geboren und im Alter von 70 Jahren in Hamburg verblichen war von Zesen ein begabter Ästhet, der
an der Universität Wittenberg Rhetorik und Poetik studierte und später in die 'Fruchtbringende Gesellschaft' am Köthener Hof aufgenommen wurde. Von Zesen unternahm gerne Reisen und übersetzte Unmengen von Texten. Ab 1662 erhielt er das Bürgerrecht in Amsterdam und war einer der wichtigsten Mitarbeiter im Verlag 'Elsevier'. Als Schriftsteller versuchte er sich in fast allen Literaturgattungen, von Zesen selbst sah sich aber schon zu Lebzeiten durchaus auch als puristischer Sprach- und Orthographiereformer, der mit Neuschöpfungen den Wortschatz der deutschen Sprache erweitern wollte. Heute gilt er als der Erfinder vieler umgangssprachlich genutzter Begriffe, angefangen bei 'A' wie Ableitung (für 'Derivation'), Abstand (für 'Distanz'), Angelpunkt (für 'Pol'), Anschrift (für 'Adresse'), Augenblick (für 'Moment'), Ausflug ('Exkursion') über Bücherei (für 'Bibliothek'), Entwurf (für 'Projekt'), Freistaat (für 'Republik'), Gotteshaus (für 'Tempel'), Kreislauf (für 'Zirkulation'), Leidenschaft (für 'Passion'), Letzter Wille (für 'Testament'), Mundart (für 'Dialekt'), Verfasser (für 'Autor') und Weltall (für 'Universum') bis hin zu 'Z' wie Zerrbild (für 'Karikatur').

Bei so vielen Begriffen, die Philipp von Zesen in die Deutsche Sprache einführte, ist es klar, dass einige seiner Wortschöpfungen es nicht schafften, in die Umgangssprache Aufnahme zu finden. Darunter sind Worte, die gleichwohl zu den Zesen-KLassikern zählen, wie: Dörrleiche (für 'Mumie'), Kirchentisch (für 'Altar'), Meuchelpuffer (für 'Pistole'), Spitzgebäude (für 'Pyramide') und Weiberhof (für 'Harem'). Wie gesagt hat auch das Kerbtier seinen Namen von Zesen erhalten, wobei das Wort 'Kakerlake' (wie so vieles in der deutschen Sprache) international ausgesprochen besser zu klingen scheint: spanisch 'Cucaracha', anglo-amerikanisch 'Jitterbug' und französisch 'La blatte', was für uns harmlos nach 'Blattlaus' klingt.

Übrigens habe ich mal im SPIEGEL gelesen, dass Küchenschaben durchaus gut mit Maschinen können. Einem internationalen Forscherteam sei es gelungen, hieß es in dem Artikel, Mini-Roboter in einer Kakerlaken-Gruppe zu integrieren. Die Maschinen konnten sogar Einfluss auf das Gruppenverhalten nehmen. Das ist ja wie bei den Menschen, dachte ich mir. Aus kleinen Jahrmärkten und der Kerb, wie so etwas in meiner Jugend noch genannt wurde, haben sich inzwischen große Volksfeste entwickelt. Auch da können einzelne Menschen, die sich tierisch daneben benehmen, durchaus Einfluss auf das Gruppenverhalten haben. So etwas endet dann oft in Schlägereien.

Mmh ... könnte sein, dass ich gerade ein ganz neues Wort für Randalierer auf Volksfesten erfunden habe: Kerb-Tiere. Die Zukunft wird zeigen, ob sich meine Neuschöpfung durchsetzen wird. Drücken sie mir dazu bitte beide Dickfinger.

Donnerstag, 6. März 2008

Kumulieren und Panaschieren

In China geschieht etwas, das Herrn Wang oder Frau Chen näher geht, als wenn in Taiwan ein Sack Reis umfällt. Es ist die Tatsache, dass ihr Land gerade überrannt wird und zwar an allen Fronten. Mächtige Armeen sind aufmarschiert, den Alltag des chinesischen Lebens umzukrempeln und die Generäle heißen McDonald, Pizza Hut und Burger King. Die Truppen brachten zuerst Hamburger, Pizza und Burritos ins Land, Dinge, die der Chinese so normaler Weise gar nicht verzehrt, und wurden deshalb belächelt. Doch das hat sich verändert, seit ein Ableger des PepsiCo.-Konzerns mit dem schönen Namen 'Yum' und Firmensitz in Louisville/Kentucky auf die Idee kam, den Chinesen chinesisches Essen zu verkaufen.

'East Dawning', so nannte er eine neue (chinesische) Fast-Food-Kette, die er eigentlich nur in amerikanischen Großstädten aufbauen wollte. Aal süß-sauer gibt es bei 'East Dawning' und Entenfüße an schwarzer Bohnensoße und sonst noch so einiges, was der Mensch in Schanghai und Peking wirklich mag. Dass es Herrn Wang und Frau Chen in etwa so vorkommt, als wenn
Afrikaner bayerisches Bier brauen und Araber Thüringer Bratwurst machen würden, ist verständlich. Jedenfalls geht es drunter und drüber auf dem chinesischen Fast-Food-Markt und alles was dort aus dem Westen kommt ist naturgemäß attraktiver als einheimische Produkte.

'Yum' ist dabei ein Drache, so groß und mächtig, dass man sich vor ihm fürchten kann, hat er in den letzten Jahrzehnten durch geschickte Firmenaufkäufe nicht nur 'Pizza Hut' und den, der deutschen Nordsee-Kette ähnelnden, Fisch-Verwerter 'Long John Silver' vereinnahmt, sondern auch dem berühmt-berüchtigten Colonel Sanders
dessen Geheimrezept für 'Kentucky Fried Chicken' abgeluchst. Nun kam man also auf die Idee, zu testen wie Chinesen amerikanisisertes chinesisches Essen schmecken würde. Und das tut es offensichtlich so gut, dass jeden Tag irgendwo in China mindestens ein neues 'Yum'-Restaurant (sofern die Schnell-Imbiss-Häuser diesen Namen überhaupt verdienen) seine Pforten öffnet.

Erich Kästner hat uns einmal weise erklärt, man solle niemals so tief sinken, von dem Kakao, durch den man gezogen wird, auch noch zu trinken. Mag sein. Aber so viel unterscheidet uns Europäer eigentlich gar nicht von den Chinesen. Und die kopieren nach wie vor alles und jede Idee. Also ist die Frage auch nicht ob sondern nur: Wann erobert der chinesische Yum-Yum Konzern Europa. mit 'Le Baguette'-Läden in Paris, 'Sangria'-Stationen auf Malloca und 'Weißwurst '-Buden in München?

Kuschel, kuschel, hdl

Derzeit führt ja ein eher untypisches Lied die deutschen Verkaufscharts an und zwar der Hase Schnuffel mit dem Kuschel-Song. "Du bist mein allerliebster Schatz" heißt es da "an deiner Seite ist mein Platz. Weil ich dich so gerne kuschel, bist du mein süßer Schnuffel." und weiter singt der Hase "Kuschel , kuschel , kuschel , kuschel, du bist mein kleiner süßer Schnuffel. Du bist mein kleiner süßer Stern, hab dich zum kuscheln gern."

So sehr ich mich auch über den Gebrauch des Verbs 'kuscheln' freue, so sehr ärgere ich mich darüber, dass dieses Lied der Güteklasse D hunderttausendfach kostenpflichtig auf Handys geladen wird, denn nur so begründet sich sein Erfolg. Es war nicht der CD- oder Plattenverkauf, der dieses Lied für Wochen an die Spitze der Single-Charts führte sondern das sogenannte 'Downloaden' von einem Handyklingeltonportal im Internet. Der Hase folgte dabei zwar den Spuren von Schnappi, dem kleinen Krokodil, jedoch war das noch halbwegs erträglich gewesen, weil ein echtes menschliches Kind das Lied sang und es u.a. durch 'Die Sendung mit der Maus' bekannt geworden war.

Schnuffel ist aber ein im Computer generiertes Hasen-Phänomen, dessen wahres Ziel keinesfalls das Kuscheln ist, sondern alleine das Geldverdienen. Das sollte man bei aller Rücksicht schonungslos aussprechen. Der nicht existente Hase hat inzwischen eine eigene Internetseite, auf der für allerlei Produkte geworben wird, z.B. für den Kinofilm 'Der Wasserdrache' oder Musikportale wie MusicLoad oder MusicBox. Den Klingelton auf sein Handy zu laden kostet mindestens 1 Euro 29, was aber nicht ganz richtig ist, denn mit dem Öffnen der JUMBO-Seiten (oder wie sie sonst heißen) schließt jeder Besucher ein Zwangsabo für 2 Euro pro Woche ab, das er erst nach zwei Monaten kündigen kann. Einmal Schnuffel kuscheln kostet also mindestens 17 Euro 29. Dies allerdings nur für denjenigen, der das Abo tatsächlich stoppen kann.

Ich selbst war vor einiger Zeit drei Monate in einer solchen Abo-Falle gefangen und stellte dabei fest, dass man die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (denen man ja zustimmen muss, bevor man die Seite überhaupt öffnen kann) weder ausdrucken noch per Screenshot, also dem Einfrieren des Abbilds im Computermonitor, sichern kann, um sie sich später noch einmal in Ruhe durchzulesen. Auch findet man bei JUMBO keinen Hinweis auf die Kündigungsmöglichkeit des Zwangs-Abos. Erst ein kostenpflichtiger Anruf bei der Hotline des Unternehmens lies die Kündigung möglich werden. Und dann übersandte mir JUMBO auch noch eine E-Mail mit folgendem Inhalt: "WARNUNG! Abo gekündigt. Du verlierst 30 Gutscheine für Produkte, die Du bereits bezahlt hast. Sende WEITER an die 33333 und hol sie zu alten Konditionen zurück." ... sprich: "Zahle uns weiter 2 Euro pro Woche für Dein Abo, das Du eigentlich schon gekündigt hast." Im normalen Geschäftsleben würde man so etwas mit dem Begriff 'unlauter' bezeichnen. Im virtuellen Leben, in dem die angesagtesten Klingeltöne manchmal wichtiger sind als ein späteres schuldenfreies Leben, ist so etwas normal.

Mal sehen, wie lange der Ohrwurm die Charts dominieren wird. Schnappi verkaufte sein Lied bis heute 1,4 Millionen Mal und stieg in sieben Ländern auf Platz 1 ein. Es wäre denkbar, dass dies Schnuffel ebenfalls schafft. Wenn nicht, dann hilft der Menschheit sicher die Schnuffel-Plüschhasen-Kollektion "Kuschel, kuschel, hdl" aus.

Dienstag, 4. März 2008

Volkes Philosophie

Wenn sie mal genau hinhören, was das Volk so sagt, dann werden sie schnell erkennen, dass es a) die Schwätzer gibt, b) die Zustimmer, c) die Abwarter und d) die wahren Philosophen. In meinem Fall war d) eine Philosophin, die mich heute noch bewegt, obwohl sie schon seit Jahren nicht mehr bei uns im Haus lebt; nennen wir sie einmal Frau Kringel.

Frau Kringel war Anfang 50, untersetzt, wirkte aber burschikos und war das, was man allgemein als eine herbe Schönheit bezeichnet. Und auf den Mund gefallen war sie auch nicht. Dass sie und ihre Lebenspartnerin unter der Obhut eines Pflegers standen, weil beide in kindlicher Einfalt immer und immer fort aus Katalogen oder in Fernsehen Dinge bestellten, die sie von ihrem bescheidenen staatlichen Einkommen beim besten Willen nicht bezahlen konnten, spielt nur nebenbei eine Rolle.

Besagte Frau Kringel überraschte immer wieder durch ihre Lebensweisheiten, die sich mir bei längerem Nachdenken darüber (weil Nachdenken ja vor Aufschreiben und Lesen kommt) als kaum widerlegbar erwiesen, wenn gleich immer ein klein wenig Wehmut darüber mitschwang, dass Frau Kringel wahrscheinlich nicht wusste, dass das, was sie zum Besten gegeben hatte, sich durch empirische Erhebungen tatsächlich als einzig wahre Sichtweise erwiesen hatte. Oft brauchte ich Stunden dazu, um, zum Beispiel in der 'Enzycolpedia Britannica', die Wahrhaftigkeit ihrer Sinnsprüche bestätigt zu finden.

Hier sind meine schon 1998 aufgestellte Top 5 Liste der ewig gültigen Weisheiten der Volksphilosophin Eleonore Kringel:

1.) "Des Wetter wees och nischt, was es machen soll."
2.) "Selbstmord will gut überlegt sein, weil es ja so ziemlich das Letzte ist, was man in seinem Leben macht."
3.) "Zu einem Seitensprung gehören immer mindestens drei."
4.) "Wir sind da reingerutscht, wie die Made in den Speck."
5.) "Suchen kann jeder. Finden ist die Kunst."

Denken sie doch einmal ein wenig länger über diese Weisheiten nach. Es lohnt sich.

(aus: "nachdenkenkommtvorlesen"/2002)

Eigentlich ganz normal

Unter uns gesagt: Ich bin eigentlich ein ganz normaler Mensch. "Na klar", werden sie sagen, "das ist doch keine Frage: der Herr Sauer, der ist doch eigentlich ein ganz normaler Mensch. Oder?" "Natürlich ist der ein ganz normaler Mensch, keine Frage." "Also ich habe mich neulich mal mit ihm unterhalten. Das soll man gar nicht glauben, was das für ein ganz normaler Mensch ist. Überhaupt nicht überheblich. Ganz normal, wie du und ich." "Ich war sogar mal mit ihm essen gewesen. Im Anschluss an eine Lesung hatten wir ihn eingeladen und er kam tatsächlich. Na das war ja ein Ding. Stand der doch plötzlich bei uns in der Wirtschaft und begrüßte jeden mit Handschlag und setzte sich hin, als wär das ganz normal für ihn. Überhaupt nichts zu merken von Allüren oder so. Ganz natürlich war der. Und was der gegessen hat. Gut bürgerlich sage ich nur, gut bürgerlich. Und getrunken hat der fast gar nichts. Wasser wollte er bestellen, Mineralwasser. Herr Sauer, habe ich gesagt, Sie sind heute unser Gast und sie sollen sich bei uns nicht waschen sondern wohlfühlen. Also hat er das Wasser wieder abbestellt und einen guten Wein getrunken." "Ich habe den mal in der Bahn getroffen. Ein ganz feiner Mensch, ganz normal. Seine Frau sucht für ihn immer die Kleidung aus, hat er gesagt, als ich sein Jackett bewundert hatte. Und Bahn fährt er heute nur noch hin und wieder, hat er erzählt, am liebsten mit der Dampflock nach Cheb."

"Ja, aber ich muss jetzt auch mal was Kritisches sagen. Was der in seinen Texten teilweise so erzählt, also das ist doch nicht normal ist das. Zum Beispiel macht der sich lustig über den 11. September und erzählt von Osama Bin Ladenhütern oder davon, dass eigentlich er für die Anschläge in New York verantwortlich wäre." "Das stimmt, das stimmt. Oder ist das vielleicht normal, dass ein einziger Mensch ein ganzes Nordseerestaurat leerfrisst und nachher auch noch alles wieder hinausbricht? Das ist doch nicht normal. Oder?" "Und dann erst die Geschichte, wo er behauptet, er hätte den Mond gestohlen. Ein Herz geraubt, das liese ich mir ja noch gefallen, aber den Mond gestohlen? Lächerlich." "Das ist doch doch noch gar nichts.
Also ich hatte mich neulich mal mit ihm unterhalten. Das soll man gar nicht glauben, da hat er sich doch als ganz normaler Mensch gegeben, überhaupt nicht überheblich. Ganz normal, wie du und ich. Was für eine Hinterlist, kann ich da nur sagen Was für eine Hinterlist." "Und ich war ja sogar mal mit ihm essen gewesen. Na das war ja ein Ding. Stand der doch plötzlich bei uns in der Wirtschaft und begrüßte jeden mit Handschlag und setzte sich hin, als wär das ganz normal für ihn. Ganz natürlich war der, aber ich sage euch: Alles nur gespielt! Und was der gegessen hat. Gut bürgerlich sage ich nur, gut bürgerlich. So eine Ratte. Und getrunken hat der auf unsere Kosten. Wasser wollte er bestellen, Mineralwasser. Herr Sauer, sag ich noch, Sie sind heute unser Gast. Und was macht der darauf hin: er bestellt sich gleich den teuersten Wein. Na ja, das kleine Volk kann ja die Zeche zahlen." "Also Leute, jetzt haltet euch fest: Ich hab ihn mal in der Bahn getroffen. Seine Frau würde für ihn immer die Kleidung aussuchen, hat er gesagt, als ich mir sein Jackett angeschaut habe. Na, hab ich mir gedacht, welches Schweinderl wirds denn heute gewesen sein. Weiber hat der doch, in jedem Hafen mindestens eine. Und Bahn fährt er, hat er mir dann weismachen wollen, nur noch hin und wieder, am liebsten mit der Dampflock nach Cheb. Nach Cheb! Wer's glaubt wird selig. Also, dass der so verlogen sein kann, dan hätte ich nicht von ihm gedacht." "Aber andererseits ist das ja eigentlich ganz normal für diesen Menschschlag. Ich kenn die Sorten, glaub mir, ich kenn die nur zur Genüge. Widerlich, einfach nur wi-der-lich."

Was soll ch dazu sagen außer: Eigentlich bin ich ein ganz normaler Mensch ... ich hab nur so wenig Gelegenheitt dazu.

(aus: "Die Korrektur der Sicht-Waisen"/2003)

Montag, 3. März 2008

Plädoyer für die Pfandflasche

Wenn Sie mich einmal besuchen sollten und mir einen großen Gefallen tun wollen - ich weiß, ich soll nicht "tun" sagen; das hat mir Eula Kaiserberg beigebracht, aber ich tue es trotzdem immer wieder - also: wenn sie mir einen großen Gefallen tun wollen, dann bringen sie mir eine Pfandflasche mit und lassen sie sie am Ende Ihres Besuches da. So etwas freut mich. Ich kann das nicht erklären. Selbst, wenn uns der Lottobote irgend wann einmal einen Koffer mit 200.000 Euro nach Hause bringen würde, das würde ich mich natürlich freuen. Aber noch mehr freuen würde es mich, wenn alle mit einer Flasche Apfelschorle anstießen, die der Lottobote mitgebracht hat, und wenn er dann wieder geht, dann lässt er die Flasche zurück. So etwas würde mich riesig freuen.

Ob das aus meiner Kinder- und Jugendzeit in mir zurück geblieben ist, als ich mir mein Taschengeld von 50 Pfennig wöchentlich durch das Einsammeln von Pfandflaschen aufbesserte? Ich erinnere mich noch gut: Am lukrativsten war dies am 'Kahler See' oder im Schwimmbad Tambourweg, da konnte man als Jugendlicher leicht zehn Flaschen finden und abgeben und so noch einmal fünfzig Pfennig verdienen, die dann natürlich sofort und gut angelegt wurden in Brause oder Weingummi oder Lakritz.

Das ich heute noch so denke, hat natürlich etwas damit zu tun, dass ein halbes Jahr vor der Mondlandung in den Zeitungen und Zeitschriften
ganzseitige Inserate der Getränkeindustrie erschienen, die den einfachen wie einprägsamen Titel "Ex und hopp!" trugen. Bildlich dargestellt wurde ein Mann, der eine leere Bierflasche lässig über die Schulter warf: die Einwegflasche wurde eingeführt. Drei Jahre später ging man einen Schritt weiter und pries das erste Bier in Dosen als des Fortschritts letzten Schluss an. Leider hatte der Rausch der neuen Freiheit seinen Preis, denn die Wiesen und Wälder sahen schnell wie kleine Mülldeponien aus, ebenso das Umfeld der Bahnhöfe. Doch, doch, schon als 12-/13-Jähriger bemerkte ich dies mit Verdruss, wenngleich ich das Sammeln von Pfandflaschen eher aus finanziellen Gründen betrieb.

So ist es auch heute noch. Kein Steuersparmodell, kein Angebot zur Riesterrente, kein noch so verlockendes Angebot für einen Auftritt bereitet mir größere Freude, als eine Pfandflasche, die ihren Weg findet ... zu mir und nicht hinaus in die Natur.

Samstag, 1. März 2008

Himmlische Einsichten

Oben im Himmel, da sitzt ein Mensch
Und schaut uns beim Leben zu
Er macht sich ein paar kurze Notizen
Denn es lässt ihn niemals in Ruh

Er muss zuhören, aufschreiben, vortragen
Erzählen von den Tücken des Lebens
Deshalb tritt er jetzt auch im Himmel auf
Auf seinen Ruhestand wartet man vergebens

Gott sagte ihm: "Du, das habe ich kommen sehen
Ohne Publikum kannst du einfach nicht leben
Und hier oben ist die Bühne grenzenlos
Wenn du willst, kannst du Gastspiele geben."

Das hat er sich nicht zweimal sagen lassen
Schon gar nicht vom lieben Gott
Ambrosia ist seine Gage
Und Sonntags gibts Apfelkompott

Wenn er dann doch mal kurz zur Ruhe kommt
Denkt er an seine Lieben zurück
An Marianne, Anna oder an Silvia
Und an Chrise, sein spätes Glück

Er denkt an die Katzen, die Freunde, King Lear
An die Leute von der Shiloh-Ranch
Was immer auch sein wird, eines ist sicher:
Oben im Himmel, da sitzt ein Mensch

(aus: "Heimatkunde: Alles, alles über Deutschland"/2007)