Wenn sie mal genau hinhören, was das Volk so sagt, dann werden sie schnell erkennen, dass es a) die Schwätzer gibt, b) die Zustimmer, c) die Abwarter und d) die wahren Philosophen. In meinem Fall war d) eine Philosophin, die mich heute noch bewegt, obwohl sie schon seit Jahren nicht mehr bei uns im Haus lebt; nennen wir sie einmal Frau Kringel.
Frau Kringel war Anfang 50, untersetzt, wirkte aber burschikos und war das, was man allgemein als eine herbe Schönheit bezeichnet. Und auf den Mund gefallen war sie auch nicht. Dass sie und ihre Lebenspartnerin unter der Obhut eines Pflegers standen, weil beide in kindlicher Einfalt immer und immer fort aus Katalogen oder in Fernsehen Dinge bestellten, die sie von ihrem bescheidenen staatlichen Einkommen beim besten Willen nicht bezahlen konnten, spielt nur nebenbei eine Rolle.
Besagte Frau Kringel überraschte immer wieder durch ihre Lebensweisheiten, die sich mir bei längerem Nachdenken darüber (weil Nachdenken ja vor Aufschreiben und Lesen kommt) als kaum widerlegbar erwiesen, wenn gleich immer ein klein wenig Wehmut darüber mitschwang, dass Frau Kringel wahrscheinlich nicht wusste, dass das, was sie zum Besten gegeben hatte, sich durch empirische Erhebungen tatsächlich als einzig wahre Sichtweise erwiesen hatte. Oft brauchte ich Stunden dazu, um, zum Beispiel in der 'Enzycolpedia Britannica', die Wahrhaftigkeit ihrer Sinnsprüche bestätigt zu finden.
Hier sind meine schon 1998 aufgestellte Top 5 Liste der ewig gültigen Weisheiten der Volksphilosophin Eleonore Kringel:
1.) "Des Wetter wees och nischt, was es machen soll."
2.) "Selbstmord will gut überlegt sein, weil es ja so ziemlich das Letzte ist, was man in seinem Leben macht."
3.) "Zu einem Seitensprung gehören immer mindestens drei."
4.) "Wir sind da reingerutscht, wie die Made in den Speck."
5.) "Suchen kann jeder. Finden ist die Kunst."
Denken sie doch einmal ein wenig länger über diese Weisheiten nach. Es lohnt sich.
(aus: "nachdenkenkommtvorlesen"/2002)
Dienstag, 4. März 2008
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