Mein Nachbar ist gestern wieder selbständig geworden. Früher nannte man das arbeitslos, doch "The Times they're A Changing" und mit ihnen auch die Begriffe. Selbst Nichtstun hat heute eine Bezeichnung, die sich allerdings von Mensch zu Mensch anpasst.
Große Köpfe unseres Landes, vornehmlich weibliche (beispielsweise Claudia Effenberg oder Alexandra Meyer-Wölden verlob. Pocher - um mich hier nicht vor Namensnennungen zu drücken), nennen sich, wenn mal gerade macl nichts mehr zu tun ist, sie in keiner neue Fernsehsoap neue Männer oder Bleiben suchen, enfach: Schmuckdesignerin, Charity-Lady oder Society-Expertin. Meist wird diese Berufsbezeichnung während einer Fernsehsendung unten links unter dem Namen der Person eingeblendet, sich abwechselnd mit Statements wie: "Ist gegen NATO-Einsätze in Afghanistan", "Liebt One-Night-Stands" oder "Hatte mal was mit der Schule am laufen".
Meine Frau hat zwei Berufe gelernt, darunter ein Examen in Altenpflege, aber für eine examierte Altenflegerin ist im deutschen Gesundheitssystem finanziell nicht viel zu holen. Das wissen alle, die im Dienstleistungsgeschäft angestellt sind in Zeiten der Krise. Verdoppeln kann man sich da nur die Arbeitsstunden, nicht das Entgelt dafür. Von Praktikanten diverser Agenturen und Doktoranden, deren Professoren kurz vor dem Abschluss von der Uni München zur Uni Aachen wechselt, einmal ganz zu schweigen.
Die erwähnten Society-Expertinnen, Charity-Ladies und Schmuckdesignerinnen ("Ihre neue Linie heißt LE DIES FÖRST"), haben sich irgendwann einmal mit vollem Körpereinsatz durch sämtliche Medienbetten nach oben gecastet und frönen nun in bunten Laibchen von Ed Hardy dem Nichtstun auf Steh- oder Liegeparties, wobei sie ihre neuen Körperteile ebenso stolz ins Blitzlicht halten, wie manche Männer die runderneuerten Autoreifen ihrer Rennboliden.
Meine Tochter hat sich noch nicht für Geld casten lassen, selbst nicht für Ruhm, dabei ist auch sie seit drei Monaten selbständig und findet einfach keinen neuen Job. Dies, obwohl sie die Arbeitsagentur bereits zu Bewerbungsgesprächen zwischen Hamburg, Berchtesgaden, Düsseldorf und Guben hat hin- und herpendeln lassen, weil: wer Arbeit sucht und will, der muss flexibel sein. Ich frage mich ernsthaft, ob sie ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen könnte, wenn sie sich nach Arabien verkaufen lässt. Das wäre megaflexibel und würde Deutschland auch noch Devisen bringen.
Flexibel sein ist also die richtige Devise. Das gilt ja auch für die genannten und die ungenannten Charity-Ladies, Society-Expertinnen und Schmuck-Designerinnen. Mit wem hat Frau Meyer-Wölden gerade wieder was? War das nicht ... oder ... oder ... ? - Egal. Hauptsache flexibel sein. Dann funktioniert es auch mit dem Kapitalismus.
Donnerstag, 4. Juni 2009
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