Sonntag, 30. November 2008

Togal oder nicht Togal

Dass der Mensch Dinge falsch versteht, liegt in seiner Natur. Nicht auszudenken, wie wenig er sich in den Jahrmillionen seiner Existenz weiterentwickelt hätte, wenn er immer alles verstanden hätte, was um ihn herum passiert. Vielleicht wäre er ja heute auch schon durch Massensuizid gar kein Bestandteil der Säugetierkette mehr, wenn man bedenkt, wass Wissen um Sinn und Unsinn des Lebens und der Natur so alles in einem Menschen anrichten kann.

Dass dem nicht so ist, liegt an unserer Unwissenheit und dem Drang, diese zu beseitigen. Aber dieser Drang ist gelegentlich auch bereits befriedigt, wenn ein Mensch einfachste Erklärungen erhält, die nicht der Wahrheit entsprechen müssen, ihm aber gefallen oder zumindest plausibel klingen. Zum Beispiel die Geburt Jesu in der Krippe eines Stalls in Bethlehem. Wir alle erinnern uns noch daran, dass der Kerl Jesus von Nazareth gehießen haben soll und nicht Jesus von Bethlehem und König Herodes zu dem Zeitpunkt, als er laut Bibel im Jahr 0 den Kindermord von Palästina in Auftrag gegeben haben soll, schon lange tot war. Historisch gesehen. Nicht biblisch Aber weil das alte Testament die Geburt des Messias im Städtchen Bethlehem vorausgesagt hatte, wäre es wohl etwas unpassend gewesen, den kleinen Kerl nicht in Bethlehem zur Welt kommen zu lassen. Also erfand man das Mittel der Volkszählung als Grund für den Weg von Maria uns Josel nach Bethlehem. Selbstredend gab es nach Prüfung aller historischen Quellen damals auch keine Volkszählung im römischen Reich.

Da kann man ja wirklich noch froh sein, dass das Jesuskind überhaupt in Bethlehem zur Welt gekommen ist, wo doch dort wegen der Volkszählung alle Herbergen überfüllt waren und weder Ochs noch Esel...ich meine natürllich Maria und Josef, irgendwo gelitten waren. Ich könnte jetzt noch Stundenlang weitererzählen über die Konstruktion des Datums 24. 12. und dass die Geburt schon gar nicht im Dezember statgefunden haben kann, denn die Hirten waren ja auf den Feldern als ihnen der Engel erschien und eine Woche vor Jahreswechse ist es nachts auf den Feldern Palästinas schweinekalt, also um die fünf Grad + Celsius, und die Hirten gehen ab Ende November sowieso nicht mehr auf die Felder, weil da die Arbeit schon erledigt ist. Und, und, und. Aber darum geht es mir hier gar nicht. Die Menschen glauben solche Geschichten eben gerne und basta. Da interessiert es eher weniger, was wirklich war oder gewesen sein kann.

Es ist überhaupt zu bemerken, dass sich Dinge, die sich einmal im Gehirn festgehackt haben und plausibel sind, nur ungern wieder aufgegeben werden. So etwas nennt man landläufig "Klischee". Zum Beispiel das des "Wehmutstropfens". Wermut ist eine Flüssigkeit und die kann bekanntlich tropfen; Wehmut dagegen ist ein Gefühl und das tropft bekanntlicherweise nicht. Und weil nur tropfen darf, was tropfen kann, wurde aus dem unfassbar wundervollen Begriff des Wehmutstropfen - entstanden zu Zeiten der Romantik und von wehmütigen Dichtern und Denkern geprägt - ein Wermutstropfen (idealerweise vn einem Wermutsbruder verschüttet9 und schwirrt seither durch Zeitungsartikel, Nachrichtensendungen, Talkshows und die Köpfe der Menschen. Kann denn etwas, was andere sagen/schreiben/meinen Sünde sein? - Ein Blick bei Google reicht. Hier findet man bei "Wehmutstropfen" rund 21000 Einträge und bei "Wermutstropfen" schon deren 230000. Und weil 10 zu 1 ungefähr 90 % sind, müssen 90 % wohl recht haben. So ist das.

Ich weiß ja nicht, was Ihnen Ihr freundlicher Nachbar empfiehlt, ich empfehle Ihnen bei Kopf- und Gliederschmerzen keine Wermutstropfen sondern denke mit Wehmut an die alten Zeiten, als es noch kein Google gab und die Macht seiner Einträge, und empfehle: Sagen Sie zukünftig das Richtige. Aber nur, wenn Ihnen nicht all das, was ich gerade erzählt habe, völlig togal ist.

In diesem Sinne.

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