»Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Neger ...
(Steht da im Manuskript wirklich 'Neger'? Tatsächlich. Man sollte sich die Texte einfach mal vorher durchlesen, bevor man sie unters Volk bringt.)
... ähem, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger. Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen und ich habe hier eben ganz bewusst, ganz bewusst das Wort 'Neger' ausgesprochen, weil ich sie hierdurch auf die Bedeutung von und den Umgang mit Nicht-Weißen Menschen aufmerksam machen wollte. Oft weiß man ja nicht, die man mit unseren farbigen Mitmenschen umgehen soll. Das fängt beim Hautfarbenklischee an und hört bei der Ausweisung auf.
Schauen wir mal nach England; da wird der Indoarier von Mitgliedern des Königshauses schon mal verächtlich „Paki“ genannt. In Russland ist der Chinese ein „Gelber“, in China der Russe ein „Graubrot“. Die Beispiele lassen sich rund um die Welt finden und für Millionen von Menschen sind wir Deutsche die „Krauts“. Aber auch innerhalb unserer Nation gibt es unterschiedliche Verfahrensweisen. Während in Westdeutschland der Vietnamnese ein Chinese ist, verlebt man im Osten seine Heimat immer noch in den Südpazifik und nennt ihn schlicht „Fidji“. Überhaupt waren die Sitten in der DDR durchaus lockerer als in der BRD.
Als ich im Sommer 1991, oder, wie ich gelegentlich zu sagen pflege, kurz nach der Wende, sozusagen unmittelbar nach dem Mauerfall oder besser ausgedrückt: als die beiden Deutschen Staaten gerade frisch siamisiert waren ... ähä ... ähä ... ähä ... jedenfalls zu Zeiten, als die Autobahnen zwischen Eisenach und Dresden, zwischen Rostock und Karl-Marx-Stadt noch keine Leitplanken hatten, als ich da nach Leipzig fuhr und zur Ortskrankenkasse ging, die damals noch vom AOK-Landesverband Rheinland freundschaftlich unterstützt wurde, bevor es zur feindlichen Übernahme kam, da fiel mir ein gedrucktes Heftchen in die Hand, für die Kinder der Versicherten und das hieß schlicht und ergreifend „Bimbo“. Heute würde eine solche Publikation niemals den Ethik-Vorstellungen der PKP, der Bundesstelle für Politisch Korrekte Phrasen, entsprechen; die gesamte Produktion müsste eingestampft werden.
Aber ich war ja beim Neger stehen geblieben. Ich hoffe, Sie erinnern sich noch, dass ich „liebe Neger“ sagte und das sagt doch alles. Ich liebe Neger. Ich liebe ... ich liebe doch alle ... alle Menschen. Na ich liebe doch ... ich setzte mich doch dafür ein! Und es ist doch unbestritten, dass der Ausdruck „Neger“ Menschen dunkler Hautfarbe bezeichnet. Heutzutage ist er wegen seines rassistisch abwertenden Charakters weitgehend aus dem öffentlichen Sprachgebrauch verdrängt. Unser Duden empfiehlt dringend, den Ausdruck „Neger“ zu vermeiden. Das haben wir alles den Nazis und Neo-Nazis zu verdanken. Ich finde, es wird allgemein unterschätzt, was die Deutschland angetan haben und uns immer noch antun. Von all dem anderen, was Hitler und Konsorten der Welt angetan haben einmal ganz abgesehen ... ganz abgesehen.
Bis hin ins 19. Jahrhundert war der Ausdruck „Mohr“ - lat. Abgeleitet von „maurus“, für das Volk der Mauren - gängig, selbst der große Friedrich von Schiller dichtete vom Mohr, der seine Schuldigkeit getan. Weil aber die Engländer, die Spanier, die Niederländer und die Franzosen seinerzeit in Afrika auf Menschenjagd gingen und Millionen als Sklaven nach Amerika schafften ... schauen Sie sich doch Nordamerika und Südamerika einmal in Ruhe an, meinen Sie, in Brasilien oder Venezuela, in den USA oder Kanada, das seien alles Ureinwohner? ... wegen dieser Nationen, die mit der Entführung von Afrikanern ihre kolonialen Weltreiche begründeten, dürfen wir in Deutschland heute nicht mehr erotisch angehauchten „Negerkuss“ sagen. Statt dessen will man uns einen „Schaumkuss“ aufzwingen. Ist das nicht absurd?
Natürlich hat Deutschland auch am Imperialismus teilgehabt, woher kommt denn wohl der Ausdruck des Kolonialwarenladens? Aber Deutschland hatte keine Aktie dran, an der ganzen Versklaverei. Na, ja, vielleicht ein paar Aktion, aber wir haben da vom Grunde her nicht mitgemacht. Erst der Ausländer Adolf Hüttler und seine Ermordung von Millionen Menschen, hat die Menschen von der Geschichte der Sklaverei und der ethnischen Umwandlung ganzer Kontinente abgelenkt ... äh ... zurecht, zurecht, weil man das, was zu Hüttlers Zeiten passiert ist, den Holocaust, den Genozid, die Massenvernichtung, niemals wieder gut machen kann.
Wir Deutsche haben da, schweren Herzens, eine ganz besondere Verpflichtung und müssen da sehr, sehr auf den richtigen Umgang mit Wörtern achten. Man darf noch nicht einmal, wie Eva Hermann es getan hat, sagen: „Aber es sind auch Autobahnen damals gebaut worden. Und wir fahren heute darauf.“ - Also, also. „Damals gebaut“ hat sie gesagt, also, das geht so nicht. Und „Autobahn“, das geht ja gar nicht. Entsetzen allenthalben! Man muss einfach lernen, dass man über den Verlauf unserer Geschichte nicht reden kann, ohne in Gefahr zu geraten, sagt Eva Hermann. Und das hat sie wirklich gesagt. Nicht so wie Heinrich Lübke. Der hat das mit den „Lieben Negern“ nämlich niemals gesagt. Und trotzdem hängt es ihm auch Jahrzehnte nach seinem Tod noch an.
In diesem Sinne, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Neger. Ich wünsche Ihnen alles nur erdenklich Gute.«
(aus: "Heimatkunde"/2007)
Freitag, 13. März 2009
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